Return-to-Sports nach Sprunggelenksverletzung- Das PAASS Framework

von Gastautor


Gepostet am 8.7.2022



Inversionstraumata zählen du den häufigsten im Sport (1), sowie auch im Fußball. Weniger als 50% suchen nach einem Distorsionstrauma eine medizinische Behandlung auf und 70% kehren innerhalb von 3 Tagen oder weniger zum Sport zurück. Diese verfrühte Rückkehr zum Sport wird als ein Einflussfaktor für das Entstehen einer chronischen Sprunggelenksinstabilität (CAI) gesehen.


Rund ein Drittel haben Symptome einer CAI 12 Monate nach dem initialen Trauma (2). Wiederkehrende Distorsionstraumata führen möglicherweise zu Veränderungen in sowohl Gelenksstruktur als auch Stabilität (3). Trotz der Häufigkeit und der hohen Komplikationsrate gibt es bisher keine festen Return-to-Sport (RTS) Kriterien (4). Diese Studie möchte einen Grundkonsens für die grundlegende RTS Beurteilung entwickeln.


„ein Drittel haben Symptome einer CAI 12 Monate nach dem initialen Trauma“




Artikel: Return to sport decisions after an acute lateral ankle sprain injury: introducing the PAASS framework—an international multidisciplinary consensus

Autor: MD Smith

Journal: British Journal of Sports Medicine




Wie kam das Ergebnis zustande?


In dieser Delphi Studie wurde ein Fragebogen an 155 medizinische Experten aus dem Leistungssport versendet. Hierzu wurden Sportmediziner, Physiotherapeuten und Athletiktrainer aus verschiedenen Sportarten (z.B. Fußball, Tennis, Basketball, Handball etc.), in denen Inversionstraumata vorkommen, befragt. In drei Befragungs-Runden wurden mehrere Kriterien vorgestellt, die bei der RTS Entscheidung berücksichtigt werden sollten. Jedes Kriterium erhielt eine Übereinstimmung von mindestens 70% innerhalb der Befragten. Der Expertenkonsensus teilte die Ergebnisse in 5 Kategorien auf und benannte diese in dem Akronym PAASS (Pain Severity, Ankle Impairments, Ankle Perception, Sensorimotor Control, and Sport/Functional Performance).


Klinische Relevanz


Diese Studie liefert einige Anhaltspunkte dafür, welche Punkte eine Rolle spielen sollten um zu entscheiden, ob ein Fußballer wieder leistungsfähig ist. Jedoch basieren die Ergebnisse auf Expertenmeinungen und müssen in der Zukunft validiert werden.

In Studie bekommt der Leser sehr generelle Informationen darüber, welche Domänen bei der RTS-Entscheidung beachtet werden sollten. Es wird jedoch nicht beschrieben wie diese messbar zu machen sind. So ist es praktisch die NRS zur Schmerzerfassung, den Calfraise-Endurance Test, 1RM Test und/oder ein Goniometer zur Erfassung der Sprunggelenks-Einschränkung zu verwenden. Der Y-Balance Test kann verwendet werden, um sensomotorische Kontrolle zu bewerten. Um adäquat die Sportperformance eines Spielers einschätzen zu können, sind neben der Absolvierung einer ganzen Trainingseinheit auch objektivierbare Messinstrumente wichtig.

Hier können Hop-Tests (frontal, lateral, multidirektional) sowie Agilitätstests, wie z.B. T-Test oder 505 Test nützlich sein. Psychometrische Fragebögen, wie der Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) oder der Foot and Ankle Disability Index Sport (FADI Sport), sind sinnvoll, um die Wahrnehmung und selbstempfundene Spielbereitschaft zu überprüfen.


Zusatz



Beim PAAS-Framework werden Punkte beschrieben, die für den RTS wichtig sind. Präventive Maßnahmen werden hier nicht explizit beschrieben. Im Fußball kann man nicht alle Sprunggelenksverletzungen vermeiden, durch Faktoren wie z.B. Gegnerkontakt, Richtungswechsel etc. Es kann jedoch sinnvoll sein vorherrschende Risikofaktoren (RF) zu identifizieren und diese versuchen zu Beeinflussen.

Eine Vorverletzung wird als größter RF für ein rezidives Auftreten beschrieben. Die meisten OSG-Traumata treten im Verlauf eines Spiels auf, seltener am Anfang. Dies lässt darauf schließen, dass Ermüdung einen Einfluss auf die Entstehung hat. Auch spielen Kraftdefizite und verzögerte Reaktionszeiten der Sprunggelenksinversoren und -eversoren sowie der Hüft-Abduktoren eine Rolle. Verringerte Beweglichkeit in die Dorsalextension sowie gestörte Propriozeption und posturale Kontrolle wurden ebenfalls als RF identifiziert (5).

Das Vorhandensein eines/mehrerer RF führt jedoch nicht an sich zu einer Verletzung. Zusätzlich bedarf es eines auslösenden Ereignisses. Je höher das Vorhandensein von RF desto geringer ist die Toleranz des Spielers gegenüber einem auftretenden Ereignis.

Es sind natürlich auch Verletzungen ohne Vorhandensein von RF möglich. Spezifisch auf diese Risikofaktoren einzugehen kann sehr sinnvoll sowohl in der Therapie als auch im laufenden Saisonbetrieb sein. Zusätzlich hat es sich als sehr effektiv präventive Trainingsprotokolle wie das Fifa11+ Programm zur Vorbeugung von lateralen Sprunggelenksverletzungen integrieren (6). Denn, die beste Behandlung für eine Verletzung ist dafür zu sorgen, dass keine entsteht.


Zusammenfassung


Das PAASS Framework stellt ein gutes Basiskonstrukt dar, welches Versorger von Sportlern in ihrer RTS Entscheidung unterstützen kann. Allerdings sollten bei solchen Entscheidungen weitere Bereiche wie z.B. die Bedeutung des Spiels (z.B. Freundschaftsspiel vs. Pokalfinale), Bedürfnisse des Spielers oder Dritter berücksichtigt werden. Inwieweit die erhaltenen Ergebnisse valide sind, muss jedoch noch genauer überprüft werden. Eine systematische Risikofaktorenanalyse und der Einsatz von Präventiven Trainingsprogrammen können einen Mehrwert zur Prävention liefern.





Lies auch: Das athletische Anforderungsprofil eines Fußballspielers






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Über den Autor:

Name: Fabian Haas

Aktuelle Position: Sportphysiotherapeut bei Alemannia Aachen U19 und Sport-/Physiotherapeut bei Therapiezentrum GmbH NG

M.Sc. Sportphysiotherpie (NL) i.A.

Aufgaben: Planung und Umsetzung von Rehabilitationen von Spielern, Koordinierung und Absprachen im multidisziplinären Netzwerk für die Spieler der U19, Side-Line Care an Spieltagen

LinkedIn: Fabian Haas


Literatur


  1. Gribble PA, Bleakley CM, Caulfield BM, Docherty CL, Fourchet F, Fong DT, et al. 2016 consensus statement of the International Ankle Consortium: prevalence, impact and long-term consequences of lateral ankle sprains. Br J Sports Med. 2016;50(24):1493-5.
  2. Delahunt E, Gribble PA. Structured clinical assessment: a brake to stop the ankle joint ‘rolling’. British Journal of Sports Medicine. 2018;52(20):1294.
  3. Wikstrom EA, Hubbard-Turner T, McKeon PO. Understanding and treating lateral ankle sprains and their consequences: a constraints-based approach. Sports Med. 2013;43(6):385-93.
  4. Tassignon B, Verschueren J, Delahunt E, Smith M, Vicenzino B, Verhagen E, et al. Criteria-Based Return to Sport Decision-Making Following Lateral Ankle Sprain Injury: a Systematic Review and Narrative Synthesis. Sports Medicine. 2019;49(4):601-19.
  5. Bloch H, Klein C, Luig P, Kühn N. Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk in Kooperation mit dem2019.
  6. Nouni-Garcia R, Carratala-Munuera C, Orozco-Beltran D, Lopez-Pineda A, Asensio-Garcia MR, Gil-Guillen VF. Clinical benefit of the FIFA 11 programme for the prevention of hamstring and lateral ankle ligament injuries among amateur soccer players. Injury Prevention. 2018;24(2):149.