Krafttraining zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Fußball
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Gepostet am 11.12.2020
Beim Ziel die Leistungsfähigkeit im Fußball zu verbessern, nutzen die wenigsten Trainer Krafttraining mit schweren Zusatzlasten. In einem Fußballspiel ist es schließlich nie notwendig, eine Kniebeuge mit einer 100 Kilogramm schweren Langhantel auf dem Nacken auszuführen. Man denkt eher daran, Ausdauer, Schnelligkeit, Sprungkraft oder Beweglichkeit zu trainieren.
Was dabei oft nicht bedacht wird ist, dass Krafttraining positive Einflüsse auf all diese Komponenten haben kann.
Schnelligkeit und Schnellkraft
Die Schnelligkeit ist ein wichtiger Faktor im Fußball. Ein schnellerer Spieler hat höhere Chancen einen Gegenspieler zu überspielen, ihn vom Ball zu trennen und früher beim Ball zu sein als dieser. Ein geradliniger Sprint ist auch die häufigste Aktion vor einem erfolgreichen Torabschluss. Sprinttests an Profifußballern zeigen, dass sich die Schnelligkeit der Weltklassespieler in den letzten Jahren und Jahrzehnten signifikant verbessert hat, was die Relevanz des Schnelligkeitstrainings bestätigt (Haugen et al., 2014).
Gottlob (2020) schreibt: „Die Kraft ist die Grundlage aller Schnelligkeit“ (S. 6). Allein schon durch ein Maximalkrafttraining mit Lasten, die größer als 90% des 1RM sind, lässt sich die Bewegungsgeschwindigkeit in allen Laststufen steigern. Um zur Weltelite im 100 Meter-Sprint zu gehören sind heutzutage Kniebeugeleistungen von mindestens 200 Kilogramm notwendig (Gottlob, 2020, S. 6).
Über 90% der Sprints in einem Fußballspiel sind unter 20 Meter lang und auch schnelle Richtungswechsel sind von großer Bedeutung (Haugen et al., 2014). Das legt nahe, dass die Maximalkraft einen entscheidenden Einfluss auf die fußballspezifische Schnelligkeit haben könnte.
Comfort et al. (2014) untersuchten die Zusammenhänge der Maximalkraft in der Kniebeuge mit der Leistung im Squat Jump und im Countermovement Jump sowie der Schnelligkeit beim 5- und 10-Meter Sprint an jugendlichen Fußballern. Die Maximalkraft zeigte eine starke Korrelation mit allen anderen erhobenen Testparametern. Je höher die Maximalkraft, desto höher waren auch die Sprünge und desto kürzer die Zeiten bei den Sprints. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen der Maximalkraft in der Kniebeuge und der 5-Meter Sprintzeit.
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Chelly et al. (2009) zeigten in ihrer Trainingsintervention, dass zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche über einen Zeitraum von zwei Monaten, die nur aus drei Sätzen Kniebeugen vor dem regulären Fußballtraining bestanden, zu deutlichen Verbesserungen der Maximalkraft sowie der Sprungkraft und Sprintgeschwindigkeit bei jugendlichen Fußballern führen können. Bei allen Testübungen konnte die Krafttrainingsgruppe signifikant bessere Zuwächse erzielen als die Kontrollgruppe, die nur am regulären Fußballtraining teilnahm (siehe Abbildung 2 und 3).
Sander et al. (2012) verglichen die Kraft- und Schnelligkeitswerte von Jugendfußballern nach zwei Jahren Krafttraining mit einer Kontrollgruppe, die nur am Fußballtraining teilnahm. Kohorte A waren U19 Spieler, Kohorte B waren U17 Spieler und Kohorte C waren U15 Spieler. Die Krafttrainingsgruppe trainierte zwei Mal pro Woche, je einmal wurden Back Squats und einmal Front Squats ausgeführt. Tabelle 1 zeigt die Veränderungen der Maximalkraft in den beiden Übungen, Tabelle 2 die Veränderungen der Sprintzeiten. Die höhere Maximalkraft der Krafttrainingsgruppe spiegelt sich eindeutig in der Schnelligkeitsleistung wider. Besonders auffällig ist, dass sich bei der ältesten Kohorte, den U19 Spielern, die Schnelligkeitswerte ohne ein zusätzliches Krafttraining sogar verschlechtert haben.
Wong et al. (2010) ließen eine Gruppe U14-Fußballer über zwölf Wochen zwei Mal pro Woche nach einem kombinierten Kraft- und Power-Programm trainieren. Es handelte sich dabei um ein periodisiertes Programm aus Kraftübungen und explosiven Übungen aus dem Gewichtheben. Die Krafttrainingsgruppe erzielte beim Countermovement Jump, bei der Messung der Schussgeschwindigkeit, dem 10-Meter und dem 30-Meter Sprint bessere Leistungszuwächse als die Kontrollgruppe. Zusätzlich konnte sie sich auch noch beim Ausdauertest, dem Yo-Yo intermittent endurance run, signifikant verbessern, während die Kontrollgruppe keine höhere Leistung erzielte.
Hori et al. (2005) empfehlen leistungsorientierten Athleten aus Sportarten wie Fußball, Basketball und Volleyball zusätzlich zum regulären Krafttraining auch Übungen aus dem Gewichtheben auszuführen, um ihre athletische Leistungsfähigkeit zu verbessern. Gemeint sind die Übungen Reißen, Umsetzen, Ausstoßen und Varianten davon. Ein Vorteil gegenüber anderen Krafttrainingsübungen ist, dass es zu keinem Abbremsen am Ende der Bewegung kommt. Es wird bis zur vollständigen Streckung der Gelenke beschleunigt, wie es auch beim Sprinten und Springen der Fall ist. Zusätzlich werden Gewichthebeübungen mit optimalen Lasten ausgeführt, um die sogenannte high-load speed strength zu verbessern, die in diesen Sportarten relevant ist. Um die low-load speed strength zu entwickeln eignen sich plyometrische Übungen, also verschiedenste Sprungformen mit dem eigenen Körpergewicht. Man könnte auch Squat Jumps mit Zusatzgewicht ausführen, um die nötige Intensität für die Entwicklung der high-load speed strength zu erreichen. Übungen wie Reißen und Umsetzen sind aber hüftdominanter und haben daher womöglich einen größeren Einfluss auf die Verbesserung der Sprintgeschwindigkeit.
College-Footballspieler, die 15 Wochen lang zusätzlich zum Footballtraining viermal pro Woche gewichthebeorientiert trainierten konnten ihre Sprungkraft in höherem Ausmaß verbessern, als die Spieler, die kraftdreikampforientiert trainierten (Hoffman et al., 2004).
Ein weiterer Vorteil von Gewichthebeübungen für Fußballer ist das exzentrische Abbremsen beim Abfangen der Langhantel, nach erfolgtem Reißen, Umsetzen oder Ausstoßen. Dies kann die Muskulatur und die passiven Strukturen auf die hohen Belastungen bei Sprüngen, Richtungswechseln und Zweikampfsituationen vorbereiten und Verletzungen vorbeugen.
Eine wichtige Voraussetzung jedoch ist eine technisch korrekte Ausführung aller Übungen. Ein Vergleich zwischen Athleten, die schon mehr Erfahrung im Gewichtheben hatten und Athleten mit weniger Erfahrung zeigte, dass sich die Explosivkraft der erfahrenen Athleten schon nach fünf Wochen Gewichtheben signifikant verbesserte, während die unerfahrenen erst nach zehn Wochen signifikante Effekte verbuchen konnten. Ein ausreichende Qualität in der Übungsausführung scheint also eine Voraussetzung zu sein, um eine Übertragung auf Schnellkraftqualitäten zu erreichen (James et al., 2018).
Ausdauer
Je nach Position laufen Profifußballer zehn bis zwölf Kilometer in einem Spiel (Di Salvo et al., 2007). Vergleiche zwischen Topklasse- und Durchschnittspielern von Mohr et al. (2003) zeigten, dass Topklassespieler diese Distanzen mit einer höheren Intensität zurücklegen können. Sie legten während einem Spiel eine um 28% größere Distanz mit Hochgeschwindigkeitsläufen (über 18 km/h) und eine um 58% größere Distanz mit Sprints (über 30 km/h) zurück als die Durchschnittsspieler. Auch beim Yo-Yo intermittent recovery test, einem gebräuchlichem Ausdauertest im Fußball, schnitten die Topspieler um 11% besser ab. Eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit scheint also eine leistungsentscheidende Komponente im Fußball zu sein.
Es wird oft davon ausgegangen, dass sich Kraft und Ausdauer nicht gleichzeitig optimal trainieren lassen. Doch sogar reine Ausdauersportler können bei richtiger Einbindung in den Trainingsplan von einem Krafttraining profitieren (Gutschlhofer et al., 2020, S. 84).
In einer Studie von Damesceno et al. (2015) führte eine Gruppe Läufer zusätzlich zum Lauftraining über acht Wochen zweimal pro Woche ein Krafttraining für die Beine durch. Die Maximalkraft in der Kniebeuge verbesserte sich in der Krafttrainingsgruppe um durchschnittlich 23%, die Leistung im Drop Jump um 12%, die Leistung in einem anaeroben Ausdauertest um 2,9% und die Zeit beim 10-km Lauf verkürzte sich um 2,5%. In der Kontrollgruppe blieben alle Leistungsparameter unverändert oder verschlechterten sich sogar. Abbildung 4 zeigt die prozentuelle Veränderung der Laufgeschwindigkeiten während dem 10-km Lauf.
Die kürzere Laufzeit der Krafttrainingsgruppe resultiert aus einer höheren Laufgeschwindigkeit während der letzten drei Kilometer. Wenn man bedenkt, dass auch im Fußball die durchschnittlichen Laufdistanzen während eines Spiels etwa zehn Kilometer betragen, und in der zweiten Hälfte ermüdungsbedingt weniger Kilometer zurückgelegt werden (Di Salvo et al., 2007), können gerade diese Anpassungen eine große Rolle spielen.
Auch die schon beschriebene Studie von Wong et al. (2010) an U14 Fußballern zeigte, dass ein Krafttraining zusätzlich zum Fußballtraining die Schnellkraftleistungen ohne negative Auswirkungen auf die Ausdauer verbessern kann. Im Gegenteil, die Krafttrainingsgruppe konnte die gelaufene Distanz beim Yo-Yo intermittent endurance run sogar um 20% erhöhen, während die Kontrollgruppe nur um 3% weiter gelaufen ist. Die Leistung im Ausdauertest korrelierte auch mit der Sprintgeschwindigkeit, der Sprungkraft und der Schusskraft der Fußballer, was wieder auf eine Übertragung verschiedener Kraftfähigkeiten auf die Laufleistung hindeutet.
Jung (2003) setzte sich in einem Übersichtsartikel mit den Gründen für die bessere Ausdauerleistung durch Krafttraining auseinander. Krafttraining kann bei trainierten Ausdauersportlern die maximale Sauerstoffaufnahme nicht erhöhen, es hat aber auch keinen negativen Einfluss darauf. Die neuromuskulären Anpassungen die durch Krafttraining hervorgerufen werden, verbessern aber die Laufökonomie. Eine verbesserte Laufökonomie zeigt sich durch einen geringeren Energieverbrauch und eine geringere Sauerstoffaufnahme bei gleicher Laufgeschwindigkeit. Auch die durch Krafttraining erhöhte Rekrutierung von motorischen Einheiten und kürzere Bodenkontaktzeiten könnten zu besseren Laufleistungen beitragen.
Untersuchungen zeigen, dass unterschiedlichste Arten von Krafttraining förderlich für Ausdauersportarten sein können: intensives Krafttraining, explosive Kraftübungen aus dem Gewichtheben und auch plyometrisches Training. Interessanterweise scheint gerade ein Kraftausdauertraining am wenigsten förderlich zu sein. In einer aktuellen Studie von Li et al. (2020) führte ein Kraftausdauertraining im Gegensatz zu einem intensivem Krafttraining zu keiner Verbesserung der Laufökonomie bei Marathonläufern.
Beweglichkeit
Ein gewisses Maß an Beweglichkeit, vor allem im Hüftgelenk, ist Voraussetzung, um viele Bewegungen im Fußball korrekt und verletzungsfrei durchführen zu können. Eine prospektive Studie von Bradley und Portas (2007) an Profifußballern hat gezeigt, dass die Spieler, die Bewegungseinschränkungen der hüftbeugenden und kniebeugenden Muskelgruppen aufwiesen, auch signifikant häufiger Muskelzerrungen in diesen Muskelgruppen in der darauffolgenden Saison hatten.
Zu gegensätzlichen Ergebnissen kam es in einer aktuellen prospektiven Studie von Sanz et al. (2020), in der die Beweglichkeit der ischiokruralen Muskulatur von 1657 spanischen Jugendfußballern getestet wurde. Während der darauffolgenden elf Monate kam es zu 97 Verletzungen im Bereich dieser Muskelgruppe, dabei konnte jedoch kein Zusammenhang mit der Beweglichkeit festgestellt werden. Die Autoren gehen davon aus, dass nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Gelenksstabilität, die Kraft der Antagonisten sowie die zentralnervöse Ansteuerung der Muskelgruppen eine entscheidende Rolle spielen.
Gottlob (2020) spricht in diesem Zusammenhang von der „leistungsfähigen Beweglichkeit“ (S. 5-6). Eine vergrößerte Beweglichkeit ist nur dann sportlich relevant, wenn in dem erweiterten Bewegungsausmaß an den jeweiligen Endpositionen auch Kräfte erzeugt, aufgenommen und belastungsarm abgeleitet werden können. Eine Verbesserung der leistungsfähigen Beweglichkeit ist somit weniger durch diverse Dehntechniken, sondern durch ein Krafttraining über die volle Bewegungsamplitude zu erreichen.
Ein Muskelzuwachs kann über parallele oder serielle Hypertrophie stattfinden. Bei der parallelen werden die zusätzlichen Sarkomere in den Myofibrillen parallel, bei der seriellen in Serie geschalten. Im Zuge der seriellen Hypertrophie wird ein Muskel also strukturell länger (Abbildung 5; Schoenfeld, 2016, S. 10).
Valamatos et al. (2018) zeigten beim Vergleich zwischen einem Krafttraining an der Beinstreck-Maschine in der vollen Bewegungsamplitude und in eingeschränkter Bewegungsamplitude, dass es durch das Training im vollen Bewegungsausmaß zu einer Verlängerung der Faszikel im M. vastus lateralis kommt. Das hat nicht nur eine erhöhte Beweglichkeit, sondern auch eine höhere Verkürzungsgeschwindigkeit und somit eine verbesserte Schnelligkeit zur Folge.
Vor allem exzentrisch betontes Krafttraining zeigt positive Veränderungen der Muskellänge. Franchi et al. (2013) konnten bei exzentrischem Krafttraining an der Beinpresse eine Verlängerung der Faszikel des M. vastus lateralis um 12% feststellen, während es bei konventionellem Training nur 5% waren.
Unabhängig von der seriellen Hypertrophie kann die Beweglichkeit in einem Gelenk auch durch ein Krafttraining der Antagonisten verbessert werden. Nach einem achtwöchigen Training der Hüftabduktoren über die volle Bewegungsamplitude konnte die Hüftabduktionsfähigkeit um durchschnittlich 8° erhöht werden (Gottlob, 2020, S. 5).
Fazit
Angesichts der Datenlage kann festgehalten werden, dass Krafttraining mit vielfältigen positiven Effekten auf die athletische Leistungsfähigkeit im Fußball einhergeht. Dies geschieht durch Verbesserung von Kraft, Schnelligkeit, Sprungkraft, Ausdauer und „leistungsfähiger Beweglichkeit“.
Aufgrund unterschiedlicher Infrastruktur der Vereine, oft unzureichend verfügbarer Trainingszeit und der inhomogenen krafttrainingsspezifischen Ausbildung der Fußballtrainer erweist es sich als schwierig, allgemein gültige Richtlinien für die Implementierung von Krafttraining in das Fußballtraining zu geben. Es liegt in der Verantwortung eines fachkundigen Trainers dieses individuell an die vorliegende Situation anzupassen.
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Über den Autor Thomas Strobl, Msc
Thomas Strobl ist selbstständiger Sportwissenschaftler und Trainer. Er betreut Breiten- und Leistungssportler aus verschiedenen Sportarten, ist Athletiktrainer im Nachwuchsfußball und bildet Trainer an der österreichischen Bundessportakademie aus. In seiner Dissertation erforscht er die Mechanismen, die zu Muskelaufbau und Kraftzuwachs führen. Zudem beschäftigt er sich damit, Krafttraining gezielt zu nutzen, um die Leistungsfähigkeit in verschiedenen Sportarten zu erhöhen und Verletzungen zu reduzieren.
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Literatur
Bradley, P. S., & Portas, M. D. (2007). The relationship between preseason range of motion and muscle strain injury in elite soccer players. Journal of Strength and Conditioning Research, 21(4), 1155.
Chelly, M. S., Fathloun, M., Cherif, N., Amar, M. B., Tabka, Z., & Van Praagh, E. (2009). Effects of a back squat training program on leg power, jump, and sprint performances in junior soccer players. The Journal of Strength & Conditioning Research, 23(8), 2241-2249.
Comfort, P., Stewart, A., Bloom, L., & Clarkson, B. (2014). Relationships between strength, sprint, and jump performance in well-trained youth soccer players. The Journal of Strength & Conditioning Research, 28(1), 173-177.
Damasceno, M. V., Lima-Silva, A. E., Pasqua, L. A., Tricoli, V., Duarte, M., Bishop, D. J., & Bertuzzi, R. (2015). Effects of resistance training on neuromuscular characteristics and pacing during 10-km running time trial. European Journal of Applied Physiology, 115(7), 1513-1522.
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