Diese 4 Phasen wechseln sich im Spiel ständig ab. Durch die Spielidee des Trainers bzw. des Vereins wird festgelegt, wie die Mannschaft in den jeweiligen Phasen reagieren soll.
In jeder Spielsituation, die ein Fußballspieler erfolgreich lösen möchte, bedarf es immer eines Zusammenspiels folgender Faktoren, die immer mit der taktischen Entscheidung beginnt. (Jankowski, 2015)
- Der Spieler muss eine Entscheidung treffen (Taktik)
- Danach muss er eine motorische Fähigkeit ausführen (Technik)
- Diese Ausführung verlangt eine Bewegung (Athletik)
- Und dieser Vorgang ist immer durch Emotionen gesteuert (mentale Fähigkeiten)
Zum Beispiel durch Passformen -Spieler A spielt zu Spieler B und so weiter- wird nur der Punkt 2, die technische Ausführung, trainiert. Die anderen Punkte werden dabei nicht berücksichtigt.
Der Vater der taktischen Periodisierung
Das Grundkonzept wurde schon vor ca. 30 Jahren von Vitor Frade, einem Professor aus Portugal, entwickelt. Als ihm damals die klassische Fußballtrainingstheorie nicht zusagte und diese ihm nicht die passenden Antworten auf seine Fragen brachte, wie er es selbst formulierte, war er auf der Suche nach einem neuen Weg, Fußball zu trainieren. Das Konzept der taktischen Periodisierung wird heute von zahlreichen erfolgreichen Trainern, wie zum Beispiel von Jose Mourinho, Louis von Gaal, Mauricio Pochettino, Adre Villas-Boas oder Pep Guardiola, umgesetzt. Der Prozess der Veränderung ist jedoch sehr herausfordernd. Viele Trainer halten noch immer an der traditionellen Methode fest und einige kennen diesen neuen Ansatz noch gar nicht. Das Aufbrechen alter Gedankenmuster mit der Grundeinstellung – „Das haben wir immer schon so gemacht“ – ist unglaublich schwer. (Mallo, 2015, S. 119)
„Was für eine traurige Zeit, wenn es einfacher ist ein Atom aufzubrechen als ein Vorurteil.“ – Albert Einstein
Einige Trainer versuchen die taktische Periodisierung umsetzen, können es aber leider nicht. Nur wenige Coaches verstehen diesen revolutionären Ansatz überhaupt und können ihn auch in die Praxis umsetzen.
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Die Spielidee steht über allem
„Das wichtigste für ein Team ist eine bestimmte Spielidee, bestimmte Prinzipien, diese zu kennen und diese richtig zu interpretieren, ohne Rücksicht auf die Spieler die spielen. Im Grunde ist das was ich als Organisation des Spiels nenne.“ -Jose Mourinho
Es gibt zahlreiche verschiedene Spielstile: Positionsspiel, Konterspiel, etc. Jeder Trainer, aber auch jeder Verein sollte sich seiner Spielidee bewusst sein, diese genau definieren und in allen Altersklassen einführen. Jeder Spieler im Verein, vom U8 bis zum Kampfmannschaftsspieler, muss wissen, wie gespielt werden soll und wie er in gewissen Situationen reagieren muss. Im Grunde ist die Spielidee die Identität des Vereins und hat nichts mit dem Spielsystem (z.B.: 4-4-2 oder 4-3-3) zu tun. Eigentlich sollte ein Verein deswegen nur Trainer verpflichten, dessen Spielstile auch zum jeweiligen Verein passen bzw. einen Trainer holen, der sich den Gegebenheiten im Verein anpassen kann.
Das Training und das Coaching baut auf diese Spielidee auf. Es wird genau festgelegt, wie die Mannschaft bzw. die Spieler in den 4 Spielphasen (Wir haben den Ball, Gegner hat den Ball, Umschaltspiel nach Ballgewinn, Umschaltspiel nach Ballverlust) agieren soll. Es werden sogenannte Prinzipien festgelegt, die weiters in Sub-Prinzipien und Sub-Sub-Prinzipien konkretisiert werden. Somit entwickelt der Trainer aufgrund seiner Spielidee einen Prinzipienkatalog, den er den Spielern versucht zu vermitteln. (Mallo, 2015, S. 133f)
Alle Spieler am Feld müssen diese Prinzipien genau kennen (funktioniert natürlich nur durch konsequentes Training) und sollen dementsprechend in bestimmten Situationen gleich reagieren. Jede Trainingseinheit und jede Trainingsübung sollte das Ziel verfolgen, zumindest ein festgelegtes Prinzip zu trainieren und somit einen Teil der Spielidee. Alles andere ist lediglich eine planlose Aneinanderreihung von Trainingsübungen. Denn ich möchte nicht nur eine einzelne Fähigkeit des Spielers verbessern, sondern sein gesamtes Verhalten in einer gewissen Situation. Deswegen ist es auch nur bedingt sinnvoll, vorgefertigte Übungen aus dem Internet oder aus irgendwelchen Programmen zu übernehmen, ohne sich Gedanken zu machen, welches Verhalten ich den Spielern vermitteln möchte. (Mallo, 2015, S. 133f)
Die taktische Periodisierung stützt sich bei der Planung des Trainings, neben den allgemeinen Trainingsprinzipien, auch auf spezielle Trainingsprinzipien. Die genauen Prinzipien und deren Erklärung kannst du auf you-are-football.com nachlesen.
Trainingsübungen benötigen folgende Charakteristik:
- Die Spieler müssen das Ziel der Übung verstehen
- Die Spieler müssen ein hohes Konzentrationslevel aufrechterhalten
- Der Trainer sollte in ausgewählten Situationen einschreiten
Auch die Konzentration (mentale Fähigkeit) des Spielers bei einer Übung ist von entscheidender Bedeutung. Alle Übungen sollten mit höchster Konzentration und Intensität ausgeführt werden. Das Ziel ist es nämlich, von 100% auf 101% zukommen und nicht von 90% auf 91%. Nur volles Tempo, das auch im Spiel gefordert ist, verbessert auch die Leistungen im Match. Trainierst du mit 90% deiner maximalen Konzentration bzw. Intensität – wirst du auch so spielen.
Grundsatz: Trainiere so, wie du auch spielen möchtest
Welche Aufgabe hat der Athletiktrainer in diesem Modell?
Du wirst dir vielleicht jetzt denken, dass der Athletiktrainer in diesem Modell überflüssig ist. Alles sollte ja komplex trainiert werden, um die Spielidee zu trainieren. Somit ist ein isoliertes Kraft- oder Ausdauertraining unnötig, oder?
Nein, nicht unbedingt. Für ein isoliertes Kraft- Ausdauer- oder Schnelligkeitstraining fehlt meistens schlichtweg die Zeit und ist somit oftmals in Amateurvereinen nicht durchführbar. Deswegen müssen alle Komponenten geschickt in das 2-3 malige Mannschaftstraining integriert werden. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, dass die Spieler als Ergänzung selbständig kleine Einheiten absolvieren. Vorsicht ist jedoch bei der Belastung und der Durchführung geboten. Die Zusatzeinheiten dürfen den Spieler nicht zusätzlich übermäßig belasten. Dadurch würde die Qualität des Mannschaftstrainings gestört und gleichzeitig die Verletzungsgefahr des Spielers steigen. Außerdem muss eine korrekte Ausführung der Übungen gewährleistet sein.
Im Profifußball können neben dem normalen Mannschaftstraining am Feld zusätzliche Einheiten geplant werden. In diesen Einheiten kann gezielt an bestimmten athletischen Komponenten oder an gewissen körperlichen Strukturen gearbeitet werden, um die Leistung des Spielers zu verbessern und gleichzeitig die Verletzungwahrscheinlichkeit zu senken. Auch hier muss die Belastung der Spieler genau verfolgt werden. Der Athletiktrainer muss genau wissen, wann und wie intensiv die Einheiten ablaufen müssen, um den abgezielten Effekt zu erreichen. Ansonsten kann eine zusätzliche Belastung ganz schnell nach hinten losgehen...
Auch im Mannschaftstraining ist ein Athletiktrainer keinesfalls entbehrlich. Er hat die Aufgabe sehr eng mit dem Cheftrainer zusammen zu arbeiten und gemeinsam mit ihm geeignete Spielformen zu entwickeln. Denn wie schon erwähnt, die athletische Komponente soll ebenfalls durch spielnahes Training entwickelt werden. Der Athletiktrainer sollte dabei die Grundstruktur der Übung vorgeben. Durch die Spielfeldgröße, Spielfeldform, Anzahl der Spieler, Spielregeln und durch das Verhältnis zwischen Belastung und Erholung kann gezielt eine athletische Komponente hervorgehoben werden, ohne dass unspezifisch trainiert wird. Du kannst somit alle leistungsrelevanten Komponenten gleichzeitig trainieren.
Beispiel:
Die Ziele der Trainingseinheit:
- Spielphase: Umschaltspiel auf die Defensive =>Gegenpressing
- Gleichzeitige Entwicklung der Beinmuskulatur (Fußballspezifisches Krafttraining)
Um bei einer Spielform für die Muskulatur einen entsprechenden Reiz (Prinzip des trainingswirksamen Reizes) zu setzen, sollte darauf geachtet werden, dass die Spieler viele intensive kurze Aktionen absolvieren müssen. Das bedeutet, kurze explosive Antritte, schnelle Abbremsbewegungen, viele schnelle Richtungswechsel, Zweikämpfe und Sprünge. Genau diese Aktionen sind auch im Spiel entscheidend und sollten dementsprechend auch genau so trainiert werden. (Sangnier et al, 2018)
Wie sollte so eine Spielform aussehen?
Um sehr viele kurze Aktionen der Spieler zu provozieren, sollten die Anzahl der Spieler und die Feldgröße eher klein gehalten werden. Außerdem sollte die Belastungszeit sehr intensiv und die Pausenzeit zwischen den Belastungen etwas länger sein. (Sangnier et al, 2018; Tyndel, 2015; Tessitore et al, 2006)
Beispielhafte Vorgabe des Athletiktrainers für eine Spielform:
- Feldspieler: 4 v 4
- Feldgröße: pro Spieler am Feld zwischen 25 und 50m² (z.B.: 4v4 bei 40m² pro Spieler= 320m²)
- wenn möglich sollte das Feld eher breiter sein
- Belastungszeit: 60sec (Vollgas!)
- Pausenzeit: 60-90sec (aktive Erholung)
- in den ersten 30sec der Erholungszeit könnte eine isolierte Kraftübung hinzugefügt werden, um die Zielmuskulatur weiter zu fordern.
Der Cheftrainer entwickelt anhand dieser Vorgaben eine Trainingsform, in der zusätzlich ein oder mehrere Prinzipien des Gegenpressings trainiert werden. Dadurch wird nicht nur die Athletik spielnah trainiert, sondern gleichzeitig die Spielidee. Folglich kann die Trainingszeit sehr effizient genutzt werden.
Leider sieht der Alltag oft anders aus...
In vielen Vereinen sieht der Trainingsalltag leider anders aus. Wenn überhaupt ein Athletiktrainer vorhanden ist, bekommt dieser im Normalfall vom Haupttrainer Zeit zur Verfügung gestellt, in der er die Athletik der Spieler verbessern soll. In dieser Zeit wird dann ein Kraftzirkel oder ein Sprinttraining absolviert, um die körperliche Leistungsfähigkeit der Spieler zu steigern. Diese Einheiten sind bei den Spielern auch dementsprechend beliebt. Ansonsten beschränkt sich der Aufgabenbereich des Athletiktrainers auf das Warm-up.
„Wir entwickeln die physische Komponente ebenfalls spezifisch. Zum Beispiel, anstatt Kraft isoliert und dekontextualisiert zu entwickeln, machen wir dies durch Übungen mit einer bestimmten Charakteristik (Raum, Zeit, Anzahl der Spieler und Regeln). Wir entwickeln etwas ähnliches wie Kraft, nur in einem spezifischeren Kontext. Eine technisch-taktische Übung beinhaltet ebenfalls eine Menge an Sprünge, Stops, Richtungswechsel und ist deswegen brauchbarer als isoliertes Krafttraining. Das schwierige dabei ist, alle Seiten zu berücksichtigen, ohne das Hauptziel zu vergessen: ein bestimmtes Prinzip zu verstärken.“ – Jose Mourinho
Einige werden jetzt meinen, dass aber durch zahlreiche Studien bewiesen ist, dass Fußballspieler durch ein isoliertes Krafttraining die körperliche Leistungsfähigkeit steigern können. Ja, das ist natürlich richtig. Aber lohnt sich der Aufwand im Vergleich zum Nutzen? Die Trainer haben eine begrenzte Zeit zur Verfügung, um ihre Spieler „besser“ zu machen. Und mit „besser“ meine ich die fußballerische Gesamtleistung am Feld. Bei 2-3 Einheiten in der Woche ist es meiner Meinung nach nicht sinnvoll isolierte Athletikeinheiten zu planen.
Wäre es nicht besser, die Trainingszeit sinnvoller zu nutzen?
Deswegen sollte das Mannschaftstraining hauptsächlich für das Fußballspielen verwendet werden. Die athletischen Komponenten sollten dabei geschickt integriert werden, ohne viel Zeit für Übungen ohne Ball und Gegner zu "verschwenden". Zusatzeinheiten müssen gut durchdacht und mit Vorsicht in die Wochenplanung eingefügt werden.
Wann macht isoliertes Konditionstraining mit den Spielern Sinn?
Es gibt natürlich Dinge, die nicht komplex trainiert werden können, weil sie nicht durchführbar sind, nicht gesteuert werden können oder eine extreme Aufmerksamkeit bei der Ausführung benötigen. Diese Übungen sollten jedoch im Mannschaftstraining die Ausnahme sein. Meiner Meinung nach sollten mindestens 80% der Zeit des Mannschaftstrainings mit Ball UND Gegenspieler trainiert werden. Das sind bei 90 Minuten Trainingszeit: 18 Minuten, die ohne Ball und Gegner absolviert werden – höchstens.
Zum Beispiel macht es durchaus Sinn, zusätzliche leichte Stabilisations- und Verletzungspräventionsübungen durchzuführen. Dafür sollte jedoch so wenig Zeit wie möglich im Mannschaftstraining verwendet werden. Besser wäre es, wenn die Spieler diese Übungen selbstständig zuhause oder vor dem Training als Pretraining absolvieren. Das Problem dabei ist jedoch, dass die Ausführung nicht kontrolliert werden kann, was vor allem im Amateurbereich ein Problem darstellen kann. Außerdem sollte dieses Training die Spieler nicht unbedingt zusätzlich ermüden.
Darüber hinaus ist ein isoliertes Konditionstraining dann sinnvoll, wenn es keine Möglichkeit gibt, auf dem Platz im Mannschaftsverband zu trainieren. Der Grund dafür könnten schlechte Platzverhältnisse, eine Verletzung oder sonstige Gründe (z.B.: Coronakrise) sein. In diesem Fall ist es natürlich sinnvoll, anstatt nichts zu trainieren, ein Konditionstraining durchzuführen. Ein Mannschaftstraining kann es aber nicht ersetzen.
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Quellen:
Jankowski T. (2015). Taktische Periodisierung im Fußball. Die Übungen der Spitzentrainer. Mayer & Mayer Verlag, Aachen
Mallo J. (2015). Complex Football. From Seirul.lo`s Structured Training to Frade`s Tactical Periodisation. Topptosoccer S.L., Spain
Penas C. (2020). DIE COADJUVANT-AUSBILDUNGSMETHODIK DES FC BARCELONAS. https://barcainnovationhub.com/the-coadjuvant-training-methodology-used-by-fc-barcelona
Sangnier S .; Cotte T .; Brachet O .; Coquart J. und Tourny C. (2018). Planen der Trainingsbelastung im Fußball unter Verwendung der Dichte kleiner Spiele. J. Strength Cond. Res.
Tessitore, A .; Meeusen, R .; Piacentini, MF; Demarie, S. und Capranica, L. (2006). Physiologische und technische Aspekte von „6-a-side“ -Fußballübungen. J. Sports Med Phys Fitness, 46 (1), 36 & ndash; 42.
Tyndel S . (2015). Die physischen und technischen Auswirkungen der Manipulation der Spieldimensionen bei kleinen Fußballspielen. (Masterarbeit). Auckland University of Technology, Auckland.