Die Fähigkeit, die interne Trainingsbelastung genau zu steuern und zu überwachen, ist ein wichtiger Aspekt eines effektiven Coachings. (Impellizzeri et. al., 2004) Die interne Belastung ist die individuelle Reaktion des Spielers auf eine externe Belastung. Sie wird durch verschiedene Stressoren (Trainingszustand, Alter, Stress, Umgebung, etc.) beeinflusst.
Lies auch: Externe & Interne Belastung und dessen Bedeutung für dein Fußballtraining
Die interne Belastung wird für gewöhnlich durch indirekte Methoden, wie die Pulsfrequenz oder die Laktatkonzentration gemessen, sowie durch subjektive Methoden, wie die wahrgenommene Belastung (Rate of perceived exertion oder kurz RPE).
Die Erhebung und Bewertung von Laktat oder der Herzfrequenz ist allerdings nicht immer möglich bzw. auch nicht immer notwendig. Diese Bewertungsmethoden sind sehr aufwändig und erfordern eine entsprechende Ausrüstung und geschultes Personal. Dazu hat nicht jeder Trainer immer Zugang.
Aus diesem Grund wird häufig die Rate of perceived exertion – oder zu Deutsch „wahrgenommene Belastung“ – verwendet.
Die Methode
Die RPE ist eine simple, aber effektive und wissenschaftlich bestätigte Methode, um die interne Belastung der Athleten zu messen. (Foster, 2001)
RPE wurde mit Fußballspielern validiert und zeigt eine starke Korrelation mit objektiven internen Belastungsvariablen wie Herzfrequenz oder Blutlaktat. (Impellizzeri et. al, 2004; Coutts et. al, 2003; Coutts et. al, 2009)
Tatsächlich ist die RPE die Variable, die von professionellen Fußballmannschaften am häufigsten zur Quantifizierung der internen Belastung verwendet wird. (Akenhead, 2016)
Bei diesem Ansatz müssen die Spieler nach jeder Einheit die Belastung auf einer zehn Punkte umfassenden Skala eingeben. Die Zahl spiegelt dabei die subjektive Intensität der Einheit wider (1= eine sehr leichte Aktivität, 10= maximale Belastung)
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Heutzutage ist im Sportbereich die Skala mit Werten im Bereich von 0 (Ruhe) bis 10 (maximale Anstrengung) weit verbreitet, obwohl ursprünglich die Anstrengung in einem Bereich zwischen 6 (keine Anstrengung) und 20 (maximale Anstrengung) bewertet wurde.
Außerdem ist es wichtig, das Ermüdungsgefühl über die Gesamtbelastung der Sitzung (30 Minuten nach Beendigung) zu bewerten, um sicherzustellen, dass sich die wahrgenommene Anstrengung auf die gesamte Sitzung und nicht auf die Intensität der letzten Übung bezieht.
Hört sich einfach an – ist auch einfach. Und trotzdem sehr effektiv.
Gesamtbelastung der Spieler (Session RPE)
Der RPE-Wert allein gibt die Intensität des Trainings an (0-10). Die Gesamtbelastung – zum Beispiel einer Trainingseinheit – besteht jedoch nicht nur aus der Intensität der Einheit, sondern aus Intensität und Umfang.
Die SessionRPE – oder kurz sRPE – gibt die Gesamtbelastung einer Trainingseinheit/ eines Spiels wieder. Dazu wird die Intensität (RPE) mit der Trainingsdauer multipliziert.
Belastung (sRPE)= Intensität (RPE) x Trainingsdauer
Beispiel:
Die wahrgenommene Belastung eines Spielers in einer 80-minütigen Trainingseinheit ist 8 (RPE).
sRPE= 8 (RPE) x 80 (Trainingsdauer in Minuten)
Belastung = 640 AU
AU steht für Arbitrary Unit – auf Deutsch: Willkürliche Einheit
Einteilung der Belastung (sRPE):
Vorsichtig sollte man bei der Bewertung von sehr kurzen und intensiven und sehr langen extensiven Einheiten sein. Das sRPE unterschätzt die Belastung von sehr kurzen intensiven Einheiten (z.B.: HIIT-kurz) und überschätzt sehr lang andauernde extensive Einheiten (z.B.: Bergwanderung).
Für die Bewertung eines Mannschaftstrainings ist diese Methode jedoch optimal. Werden zusätzliche Einheiten (z.B.: Heimtrainings oder zusätzliche private Aktivitäten) der Spieler auch erhoben, sollte die Über- bzw. Unterbewertung gewisser Tätigkeiten mitberücksichtigt werden.
Kritikpunkte
Manche Trainer sind von der RPE-Methode zu Beginn nicht überzeugt. Sie sind der Meinung, dass eine subjektive Einschätzung der Spieler nicht genau sein kann bzw. von den Spielern durch eine falsche Dateneingabe verfälscht werden kann.
Kritikpunkt 1: Die Methode ist nicht genau
Die Methode ist nach einer kurzen Eingewöhnungszeit überraschend genau und auch wissenschaftlich validiert. (Foster, 2001) Wie schon erwähnt korreliert der Wert sehr stark mit der Herzfrequenz und den Laktatwerten der Spieler. Also ist diese Methode sehr wohl in der Lage, die Intensität bzw. die Belastung der Spieler ziemlich genau zu erheben.
Die RPE-Methode könnte im Fußball sogar besser zur Erhebung der internen Belastung geeignet sein als z.B. die Herzfrequenz.
Die Herzfrequenzmessung wird sehr häufig für die Abschätzung der internen Belastung verwendet. Diese Methode hat jedoch im Mannschaftssport, wie Fußball einer ist, seine Limitierungen:
- Herzfrequenzmessungen und die daraus resultierende Einschätzung der internen Belastung sind lediglich bei gleichbleibenden Belastungen im aeroben Bereich (<85% der VO²max) gültig.
- Herzfrequenzmonitoring unterschätzt die interne Belastung bei kurzen, hoch intensiven Aktionen (Sprints, Krafttraining, etc.).
- Die Herzfrequenz kann sich von Tag zu Tag stark ändern und vermindert somit die Genauigkeit von Herzfrequenzzonen.
Herzfrequenzmonitoring kann jedoch zusätzliche Informationen bieten.
Die sRPE Methode ist aber einfacher und stellt genaue Werte für die interne Belastung der Spieler zur Verfügung.
Kritikpunkt 2: Die Spieler geben bewusst falsche Werte ein
Eine vertrauensvolle Instruktion und Aufklärung der Spieler über die sRPE-Methode ist essenziell, um bewusste oder unbewusste Verzerrungen der Werte zu vermeiden.
Zudem ist es bedeutsam, dass die Spieler mit der Skala vertraut sind und darüber instruiert wurden, dass die gesamte Trainingseinheit berücksichtigt werden soll. Des Weiteren sollte ihnen unbedingt vermittelt werden, dass es sich bei den Werten um äußerst individuelle Werte handelt, die aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren nicht mit denen anderer Mannschaftsmitglieder vergleichbar sein müssen.
Um Gruppentrends zu vermeiden, empfiehlt sich die individuelle Abgabe der Werte zum Beispiel per App oder Messenger. (VGB)
Zudem sollten die Spieler wissen, dass die Methode weder dazu verwendet wird, ihre Qualität zu bewerten, noch dass niedrige Werte automatisch ein hartes Training und hohe Werte ein leichtes Training zur Folge haben. So werden „sozial erwünschte“ Antworten vermieden und du als Trainer erhältst eine zuverlässige Einschätzung. (VGB)
Berechnungen aus der angegebenen internen Belastung
- Trainingsbelastung (sRPE) = RPE x Dauer (Minuten)
- Tägliche Belastung = Summe aus allen Belastungen des Tages
- Wochentrainingsbelastung = Summe aus allen täglichen Belastungen der ganzen Woche
- Monotonie (Eintönigkeit) = Standardabweichung der wöchentlichen Trainingsbelastung
- Strain (Anstrengung) = Tägliche oder wöchentliche Trainingsbelastung x Monotonie
- ACWR= Akute vs. Chronische Trainingsbelastung
Durch diese Berechnungen kann abgeschätzt werden, welche Spieler überlastet bzw. unterfordert sind. Außerdem kann abgeschätzt werden, ob durch eine falsche Belastungssteuerung die Verletzungsgefahr bei einigen Spielern höher als normal ist.
Eintönigkeit (Monotonie): Der Monotonie-Index misst die tägliche Veränderung der Belastung über die Woche hinweg. Intensives Training, verbunden mit einem hohen Monotonie-Index (<2) erhöht das Verletzungsrisiko stark.
Strain (Anstrengung): Sehr viele Erkrankungen und Verletzungen der Spieler können aufgrund von Spitzen im Strain erklärt werden. Daher ist es wichtig, auch diesen Parameter zu berücksichtigen.
Wöchentlicher Anstieg der Belastung: Gibt den prozentuellen Anstieg der Belastung von einer Woche auf die nächste wieder. Große Änderungen dieses Werts gehen mit einem stark erhöhten Verletzungsrisiko einher. Wenn die Belastung um mehr als 15% zur Vorwoche steigt, steigt die Verletzungsgefahr um annähernd 50%. Monitoring der wöchentlichen Belastungsänderungen stellt somit eine bedeutende Rolle für die Verletzungsprävention dar.
ACWR (Akute vs. Chronische Trainingsbelastung): Akute vs. chronische Trainingsbelastung analysiert die Balance zwischen der akuten (kurzfristigen) und chronischen (langfristigen) Belastung eines Athleten. Sie gibt einen Indikator dafür, ob kurzfristiges und langfristiges Training im Gleichgewicht sind und warnt den Trainer vor Situationen, in denen die Belastung sich zu schnell ändert. (Davidson, 2020)
Fazit
Die Erhebung der „Rate of perceived exertion (RPE)” und daraus resultierenden Möglichkeiten können für dich als Trainer sehr hilfreich sein. Die Methode hat sich schon einige Jahre bewährt und bringt einen echten Mehrwert für die Spieler, dem Trainer und die gesamte Mannschaft.
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase für die Spieler und dem Trainer kann die Belastungs- bzw. Trainingssteuerung deutlich verbessert werden.
Eine bessere Belastungs- bzw. Trainingssteuerung bedeutet:
- Weniger Verletzungen/ Überlastungen
- Fittere Spieler
=>mehr Erfolg
Die genaue Auswertung der Daten und deren Konsequenzen für das Training werden in einem weiteren Beitrag genau behandelt (Richtwerte, Grenzwerte, Trainingsmöglichkeiten etc.)
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Lies auch: Verletzungen im Fußball – Warum treten Verletzungen auf und wie kannst du sie vermeiden?
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Literatur:
Akenhead R, Nassis GP. (2016). Trainingsbelastung und Spielerüberwachung im hochrangigen Fußball: Aktuelle Praxis und Wahrnehmung. Int J Sports Physiol Perform.; 11 (5): 587 & ndash; 93.
Coutts A, Reaburn P, Murphy A, Kiefer M, Impellizzeri FM. (2003). Gültigkeit der Session-RPE-Methode zur Bestimmung der Trainingsbelastung bei Mannschaftssportlern. J Sci Med Sports; 6: 525.
Coutts AJ, Rampinini E, Marcora SM, Castagna C, Impellizzeri FM. (2009). Herzfrequenz und Blutlaktat korrelieren mit der wahrgenommenen Anstrengung bei kleinen Fußballspielen. J Sci Med Sport; 12 (1): 79 & ndash; 84.
Davidson A. (2020). Akute vs. Chronische Trainingsbelastung interpretieren – Ein Firstbeat Sports Feature. https://www.firstbeat.com/de/blog-de/akute-vs-chronische-trainingsbelastung-interpretieren/
Eniseler N. (2005). Herzfrequenz- und Blutlaktatkonzentrationen als Prädiktoren für die physiologische Belastung von Elite-Fußballspielern während verschiedener Fußballtrainingsaktivitäten. J Strength Cond Res. 19 (4): 799 & ndash; 804.
Foster C et al. (2001). A new approach to monitoring exercise training, J Strength Cond Res. 15(1):109–115
Impellizzeri, F. M., Rampinini, E., Coutts, A. J., Sassi, A., Marcora, S. M. (2004). Use of RPE-based training load in soccer. Medicine & Science in Sports & Exercise; DOI: 10.1249/01.mss.0000128199.23901.2f