Schnelligkeit im Fußball Part 1
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Gepostet am 2.9.2022
Schnelligkeit ist eine wichtige konditionelle Eigenschaft im Fußball. Schnellere Spieler treffen öfter, schnellere Spieler haben einen größeren Einfluss auf das Spiel, schnellere Spieler scheinen bessere Verträge zu erhalten (im Spielsport). Aus diesen Gründen ist die Schnelligkeit eine wünschenswerte physische Qualität.
Nichtdestotrotz ist es wichtig zu erwähnen, dass das Sprinten ein integraler Bestandteil der Fußballaktionen ist (Kommunikation, Entscheidungsfindung, Ausführen der Entscheidung [Verheijen Football Action Theory]). Damit ist gemeint, dass die Fußballaktion immer noch wichtiger ist als das Sprinten an sich. Denn es gibt einen Unterschied zwischen einem Fußballsprint und einem Sprint aus der Leichtathletik.
Fußball vs. Leichtathletik
In der Leichtathletik (z.B. 100m Sprint) ist das Sprinten, objektiv gesehen, die physische Qualität, die am wichtigsten ist und letztendlich auch gemessen wird. Im Fußball hingegen, ist es das Ziel mindestens ein Tor mehr zu schießen als der Gegner. Das Sprinten ist lediglich Mittel zum Zweck. Anhand der folgenden 4 Coachingpunkte (Raum- & Zeit Charakteristiken), wie die Fußballaktion grundsätzlich objektiv gecoacht werden kann, möchte ich den Unterschied zwischen einem Fußballsprint und einem leichtathletischen Sprint darstellen. Der größte Unterschied liegt auch darin, dass der Fußballer Fußballaktionen nicht nur einmal ausführt, sondern so oft wie möglich und für so lange wie möglich ausführt. Genau das ist Fußballfitness! Öfter Fußballaktionen und für eine längere Dauer. Schafft der Fußballer das mit einem höheren Tempo und für 90 Minuten, spricht man von einer guten Fußballfitness.
Fußballer sollten nicht nur schnell sein, sondern auch das richtige Timing haben.
Warum es dennoch Vorteile mit sich bringt, regelmäßig zu sprinten und ein adäquates Sprinttraining zu absolvieren, folgt.
Der lineare Sprint wird unterschieden zwischen dem Sprintantritt (linear & multidirektional) & der maximalen Geschwindigkeit. Beide müssen anders trainiert werden & beide sind wichtig im Fußball. Außerdem kommt im Fußball das multidirektionale Bewegungsverhalten hinzu. Ständige Antritte mit Richtungswechseln, abbremsen, beschleunigen, seitwärts- & rückwärtslaufen. Linear & multidirektional sollte ebenfalls trainiert werden. Das Laufen im Fußball ist komplex, da Fußballer ständig auf Richtungsänderungen & Tempowechsel reagieren müssen. Die Länge der meisten Sprints belaufen sich auf 30 m & davon sind fast die Hälfte zwischen 0-10 m1. Der Antritt scheint im Fußball eine wichtige Komponente zu sein. In Ausnahmefällen beträgt die Sprintlänge auch mal mehr als 30 m. Das hängt allerdings von der Spielposition & der taktischen Ausrichtung des Teams mit & gegen den Ball ab1. Ein Fußballer muss nicht nur schnell sein, sondern auch im richtigen Moment schnell sein. Schnelligkeit ist ebenfalls ein komplexer Begriff. Die Handlungsschnelligkeit gehört ebenso zur Schnelligkeit. Diese Art von Schnelligkeit sollte in Fußballsituationen trainiert werden, um auch unter Druck in der Fußballumwelt eine zielführende Lösung zu finden.
In diesem Beitrag wird der Fokus auf den Antritt und auf die maximale Geschwindigkeit gelegt. Wenn du mehr über Richtungswechselschnelligkeit und den Unterschied zwischen Change of Direction Speed und Agility lesen möchtest, geh gerne auf den Beitrag „Schnelligkeit im Fußball - Change of Direction Speed & Agility“.
Denn feststeht, wenn du schneller werden willst, musst du dich schnell bewegen (Sprinten). Ohne Ball läuft es sich schneller als mit Ball. Aus diesem Grund sollte ein Schnelligkeitstraining ohne Ball stattfinden. Eine weitere Möglichkeit die Schnelligkeit fußballspezifisch zu trainieren, ist das Schnelligkeitstraining mit einem Fußballziel zu gestalten (1. maximal hoch explosive Aktion 2. Anschlussaktion mit Ball). Auch wenn der Antritt wichtiger zu sein scheint, ist es dennoch wichtig maximal zu sprinten.
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Obenstehende Tabelle veranschaulicht den Unterscheid zwischen linearen & multidirektionalen Sprintaktionen. Beide Bewegungsrichtungen sollten trainiert werden. Denn die Spieler sollten auf den „worst case“ vorbereitet sein (auf die körperlichfordernste Spielsituation).
Sei auf das schlimmste vorbereitet, dann bist du vorbereitet.
Als grundsätzliche Regel: Das Ziel sollte sein, mehr Kraft in den Boden zu produzieren, um mehr Distanz mit jedem Schritt zu erreichen, anstatt viele kleine kraftlose Schritte in den Boden zu setzen5! Schlüsselfaktor während des Antritts ist die horizontale Kraftentwicklung relativ zum Körpergewicht!
Die Sprintgeschwindigkeit ist das Produkt aus 2 Komponenten:
- Schrittlänge (Zurückgelegte Distanz während jeden einzelnen Schritts)
- Schrittfrequenz (Anzahl der Schritte)
- Beim Antritt sind Knie- & Hüftgelenke mehr gebeugt.
- Beim Antritt sind Sprunggelenke in einer Dorsalextension (Zehen angezogen & Schnürsenkel zeigen zum Himmel)
- Beim Antritt ist der Oberkörper nach vorne gelehnt + Oberkörper & Schienbein haben einen positiven Winkel zum Boden (aka. positve shin angle)
- Beim Antritt ist die Bodenkontaktzeit länger, die Schritte sind kraftvoller & die horizontale Kraftentwicklung ist wichtiger8 & 9.
- Beim Antritt ist die konzentrische Muskelaktion wichtig => Konzentrische Übungen => besseren Transfer zum Antritt
- Der Antritt ist eine sehr kraftabhängige Bewegung
- Längerer Bodenkontakt = Mehr Zeit, um Kraft zu produzieren
- Mehr Beinkraft = kann zu einem besseren Antritt führen10
- Muskelaktivierungsmuster vom Antritt & Kraftübungen (z.B. Squat) = sehr spezifisch
- Quadrizeps, Hamstrings & Waden = Hauptmuskeln zur Kraftproduktion beim Antritt
Biomechanik Top Speed 101
- Beim Top Speed sind die Knie- & Hüftgelenke weniger gebeugt
- Auch Beim Top Speed sind die Sprunggelenke in einer Dorsalextension
- Beim Top Speed ist der Oberkörper in einer aufrechten Position (aka. upright posture)
- Beim Top Speed sind die Bodenkontaktzeiten kürzer9
- Beim Top Speed ist die konzentrische & exzentrische Muskelausrichtung aktiv & eine hohe Beteiligung des Dehnungs Verkürzungszyklus (DVZ) ist beteiligt
- Beim Top Speed wirken sehr hohe Kräfte auf den Körper
- DVZ sehr wichtig, da Muskel-Sehnen-Zusammenspiel (englisch: Muscle Tendon Unit Stiffness) mit guter Sprintleistung korreliert12
- Bedeutung: Je steifer (aka. Stiffness) die Sehne, desto effizienter kann die Kraft vom produzierenden Muskel in den Boden transferiert werden und wieder zurück.
- Beispiel: Eine steife/feste Achillessehne wird weniger Energieverlust zwischen Wade & Fuß beim Auftreten in den Boden aufweisen
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Über den Autor Josua Skratek
Josua Skratek ist Athletik- & Rehatrainer beim DSC Arminia Bielefeld. Hauptverantwortlich ist er für die Mannschaften U14-U16. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Optimierung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Kontext Fußball. Der studierte Sportwissenschaftler (M. A. Sportwissenschaft) ist ebenfalls für die Rehabilitation verletzter Spieler und die Re-Integration in das Mannschaftstraining verantwortlich.
LinkedIn: Josua Skratek
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