Der Nutzen von Krafttraining in der Spielsportart Fußball

von Gastautor


Gepostet am 24.3.2023



Im professionellen Leistungsfußball reicht es schon längst nicht mehr aus, nur noch auf dem Fußballplatz alleine zu trainieren. Neben anderen physischen Qualitäten wie bspw. der Schnelligkeit, sollten Fußballer zusätzlich zum normalen Training auch Krafteinheiten absolvieren, um sich einen Vorteil gegenüber ihren Kontrahenten zu verschaffen und sich nachhaltig vor Verletzungen zu schützen.


Der professionelle Fußball ist durch den Wechsel von kurzen hochintensiven Phasen und längeren niedrigintensiven Phasen gekennzeichnet. Die Fähigkeit, die neuromuskuläre Kraftproduktion zu maximieren, ist grundlegend für den Erfolg und entscheidend, um ein hohes Leistungsniveau und größere Geschwindigkeiten bei sportartspezifischen Bewegungen zu erreichen (Cormie et al., 2011). Kraft, Leistung und Schnelligkeit gelten als wesentliche Erfolgsdeterminanten in den Teamsportarten). Im Fußball beispielsweise geht der Mehrheit der erzielten Tore ein linearer Sprint, ein Vertikalsprung oder eine Richtungsänderung des Schützen oder des assistierenden Spielers voraus (Faude et al., 2012).


Zusammenhang zwischen Kraftfähigkeiten und dem Spielniveau

Bei jungen Spitzenfußballern sind im Vergleich zu gleichaltrigen Spielern ein höheres Einerwiederholungsmaximum (1 RM) und maximales Drehmoment der unteren Extremitäten zu beobachten (Cometti et al., 2001; Gissis et al., 2006; Kalapotharakos et al., 2006). Ein aktuelles systematisches Review bestätigt dieses Ergebnis. Bei höherklassigen Fußballspielern wurden im Vergleich höhere Kraftwerte beobachtet als bei Spielern auf Amateur-Level. Zudem kommen die Autoren zu dem Entschluss, dass die muskuläre Leistungsfähigkeit eine besondere Bedeutung einnimmt, wenn es darum geht, Spitzenleistungen im Fußball zu erzielen (Slimani & Nikolaidis, 2017).


Zusammenhang zwischen Kraftfähigkeiten und der Schnelligkeitsleistung

Die hohen Korrelationen, die zwischen der Sprintgeschwindigkeit und der Kraftfähigkeit der unteren Extremitäten gefunden wurden, weisen auf die Bedeutung der Entwicklung der Kraft der unteren Extremitäten hin (Loturco et al., 2018; Wisloff, 2004). Eine weitere Untersuchung von Lopez-Segovia und Kollegen (2011) untermauert diese Ergebnisse. Bei U-21 Nationalspielern wurde ein signifikanter Zusammenhang (r=−0.56/–0.79; p≤ 0.01/0.01) zwischen den Kraftfähigkeiten in der Kniebeuge bzw. beim vertikalen CMJ und den Sprintzeiten der U21-Nationalspieler festgestellt (López-Segovia et al.,2011).


Zusammenhang zwischen Kraftfähigkeiten und Verletzungsanfälligkeit

Durch die hohe Wettkampfdichte und damit einhergehenden ungenügenden Erholungspausen zwischen den Spielen – inflammatorische Prozesse innerhalb der Muskeln können sogar bis zu 72 Stunden nach Abpfiff des Spiels nachgewiesen werden (Fatouros et al., 2010; Ispirlidis et al., 2008)– steigt auch die Verletzungsgefahr (Dellal et al., 2015; Dupont et al., 2010). Auch hier konnte gezeigt werden, dass sich ein entsprechendes Krafttraining positiv auf die Prävalenz von Verletzungen auswirkt. Verletzungen konnten durch Krafttraining bis auf ein Drittel reduziert werden (Lauersen et al., 2014). Je höher das Krafttrainingsvolumen und die -intensität, desto unwahrscheinlicher scheinen Verletzungen sogar zu werden (Lauersen et al., 2018). Krafttraining wirkt sich somit positiv in der Verletzungsprävention aus. Eine Reduktion der Verletzungsinzidenz wirkt sich nachweislich auf die Platzierung zum Saisonende aus und sollte daher trainingsbegleitend integriert werden. Teams, die weniger mit Verletzungsproblematiken zu kämpfen haben, schneiden sowohl in der Champions League, als auch in den jeweiligen nationalen Ligen besser ab als Teams, die höhere Verletzungszahlen aufweisen (Hägglund et al., 2013).

Ein Bereich, der von besonderem Interesse ist, sind Zerrungen oder Faserrisse der hinteren Oberschenkelmuskulatur. Diese Körperregionen machen 12 % aller Verletzungen aus und führen im Schnitt zu einer Abwesenheit von 28 Tagen von Training und Wettkampf (Ekstrand et al., 2011). Insgesamt machen muskuläre Verletzungen sogar ca. 35 % aller Verletzungen im Fußball aus (Ekstrand et al., 2011). Höhere Kraftniveaus tragen zu niedrigen Verletzungsraten sowie zu einer Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei (Beato et al., 2021). Daher ist es wichtig, während der gesamten Saison ein gewisses Mindestmaß an Kraft für den unteren Körperbereich aufrechtzuerhalten (Rønnestad et al., 2011).


Empfehlungen für das Krafttraining

Krafttraining wird in der Regel mit spezifischen Widerstandstrainingslasten im Verhältnis zur maximalen Leistungsfähigkeit einer Person durchgeführt (z. B. 70 % des Einerwiederholungsmaximums (1RM) (Haff & Triplett, 2015). Darüber hinaus wird den Athleten üblicherweise eine bestimmte Anzahl von Sätzen und Wiederholungen zugewiesen, die sie ausführen müssen (z.B. 4 Sätze mit 6 Wiederholungen), basierend auf dem gewünschten Trainingsziel (Banyard et al., 2019). Silva und Kollegen (2015) kommen dabei zu dem Schluss, dass ein hochintensives Training einen effektiveren Stimulus für die Entwicklung von Kraft- und Powerfähigkeiten darstellt als moderat-intensives Krafttraining (Hypertrophie). Weiterhin empfehlen Sie zwei wöchentliche Einheiten, um die Performance weiter zu steigern. Eine wöchentliche Einheit wird empfohlen, um die Performance innerhalb der Saison beizubehalten (Rønnestad et al., 2011; Silva et al., 2015).

Mit Zunahme der Wiederholungen während eines Krafttrainingssatzes setzt auch eine fortschreitende Ermüdung ein, welche sich zunehmend negativ auf die MCV auswirkt, sodass der Athlet die entsprechende Übung folglich immer langsamer ausführen kann bis schließlich der Muskel so erschöpft ist, dass keine weitere Wiederholung mehr durchgeführt werden kann. (J. J. González-Badillo et al., 2017; Sánchez-Medina & González-Badillo, 2011). Ein Krafttraining ohne ermüdende Effekte kann jedoch durch eine geschwindigkeitsbasierte Ausführung (Velocity-Based-Training (VBT)) erreicht werden (Pareja-Blanco, Rodríguez-Rosell, et al., 2020) und ist somit interessant für Kraftausdauersportarten, da trotz geringerer Wiederholungszahlen und verminderter Ermüdung in Punkto Maximalkraftzuwachs und Hypertrophieanpassung gleiche Effekte im Vergleich zum Krafttraining bis zum Wiederholungsversagen erreicht werden können (Izquierdo-Gabarren et al., 2010). Sogar bei gleichen Wiederholungszahlen erscheint ein geschwindigkeitsbasierter Krafttrainingsansatz einem traditionellen Ansatz bis zum Wiederholungsversagen in puncto Ermüdung nach dem Krafttraining überlegen (Held et al., 2022). Jedoch erfordert VBT den Einsatz von validen und reliablen Messgeräten, welche ein gewisses monetäres Budget voraussetzen (Held et al., 2021). Doch die Steuerung des Krafttrainings lässt sich auch ohne zusätzliches Equipment mittels subjektiven Bewertungen (subjektives Belastungsempfinden (RPE) und Wiederholungen in Reserve (RIR)) oder Cluster-Ansätzen realisieren (Davies et al., 2021; Helms et al., 2020). Dabei werden beim Cluster-Training zusätzlich zu den Satzpausen noch Pausen innerhalb des Satzes eingebaut (z.B. nach jeder Wiederholung eine Pause von 10-15 sek.). Insgesamt zeigen sowohl Cluster- als auch traditionelle Satzkonfigurationen die gleiche Wirksamkeit, um muskuläre und neuromuskuläre Anpassungen positiv zu induzieren. Allerdings können Cluster-Satzkonfigurationen solche Anpassungen mit einer geringeren Ermüdungsentwicklung während des Krafttrainings erreichen, was wiederum einen ähnlichen Vorteil wie das geschwindigkeitsbasierte Krafttraining darstellt (Davies et al., 2021).

Auch die Integration von Krafttraining am Spieltag selbst ist denkbar. Da davon ausgegangen werden kann, dass Muskelschäden nach Fußballspielen ohnehin auftreten (Silva et al., 2018), ließe sich eine kurze Krafttrainings-Session auch nach dem Spiel einbauen, um das wöchentliche Volumen noch etwas weiter zu steigern.


Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Krafttraining ein wichtiger Bestandteil des Fußballtrainings ist, um die muskuläre Leistungsfähigkeit zu verbessern und Verletzungen zu reduzieren. Die höhere muskuläre Kraft und Leistungsfähigkeit der unteren Extremitäten korreliert mit der Schnelligkeitsleistung und dem Spielniveau bei höherklassigen Fußballspielern. Darüber hinaus kann ein gezieltes Krafttraining helfen, muskuläre Verletzungen zu reduzieren und somit den Erfolg des Teams zu steigern. Fußballspieler sollten während der Saison ein kontinuierliches Krafttraining durchführen, um die sportartspezifischen Bewegungen mit höherer Geschwindigkeit und Kraft ausführen zu können. Ein begleitendes Krafttraining in der Saison sollte mindestens einmal wöchentlich durchgeführt werden, um eine Erhaltung der Leistungsfähigkeit zu garantieren. Zur weiteren Steigerung sind weitere Einheiten in der Woche von nöten. Generell sollte die Intensität beim Krafttraining hoch gesetzt werden. Durch verschiedene moderne Krafttrainingsansätze (VBT, RPE, RIR oder Cluster) lässt sich die Ermüdung während des Krafttrainings trotz der hohen Intensität jedoch in Grenzen halten.




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Über den Autor

Jan-Philip Deutsch ist Co- und Athletiktrainer in der U16 von Fortuna Düsseldorf. Hier kümmert er sich neben seiner Co-Trainer Tätigkeit um die körperliche Leistungsfähigkeit der U16-Junioren sowie die Rehabilitation von verletzten Spielern. Neben seiner Co- und Athletiktrainertätigkeit arbeitet Jan-Philip an der Deutschen Sporthochschule Köln am Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik. Dort wird er nach Abschluss seines Masterstudiums zudem auch promovieren.


Referenzen und weiterführende Literatur

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