von Gastautor
Gepostet am 17.9.2021
Die Wichtigkeit an fundierten und evidenzbasierten Trainingsinhalten im Fußball nimmt stetig zu. TrainerInnen streben ebenso wie auch AthletInnen danach, ihre Einheiten effektiv und argumentierbar zu gestalten. Außerdem wollen beide Parteien sicher sein, dass das was sie tun richtig ist und möglichst wahrscheinlich zum Erfolg führt. Zur Planung und Durchführung eines nachhaltig richtigen Trainingsprozesses haben sich in der Sportwissenschaft sogenannte Ist-Zustands Analysen bewährt. Die gängigste Form sind Leistungstests in unterschiedlichster Ausführung. Ein Beispiel hierfür sind Ausdauerlauftests. Bestimmte Formen eignen sich durch die spezielle Testcharakteristik und deren Ergebnisse gut für den Fußball. Exemplarisch kann hier der 30-15 IFT Test angeführt werden, der im folgenden Artikel verständlich und praxisnah beschrieben werden soll.
Der 30-15 IF Lauftest wurde im Jahr 2000 von Martin Buchheit entwickelt. Seine Intention lag darin, einen individuellen Test anbieten zu können, der athletische und anthropometrische Daten einzelner Testpersonen miteinbezieht. Konkret wollte er in erster Linie einen Test schaffen mit der die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit einfach ermittelt werden kann, Richtungswechsel (Shuttles) beinhaltet sowie hohe Laufgeschwindigkeiten realisierbar sind und dadurch das anaerob glykolytische Energiesystem angesprochen wird. Zusätzlich sollte indirekt beachtet werden können, ob AthletInnen groß, klein, schnell oder langsam sind, da sich dies unmittelbar darauf auswirkt, wie schnell AthletInnen ihre Laufrichtung ändern können.
Aus diesen Überlegungen entstand die heute bekannte Form des Tests:
Wiederholte Läufe über 40 Meter, die alle 30 Sekunden mit einer Erholungs- und Pausenphase von 15 Sekunden unterbrochen werden. Nach jeder Pause steigert sich die Geschwindigkeit um 0,5 km/h.
Die Laufgeschwindigkeit zu Beginn beträgt 8 oder 10 km/h.
Wie bereits beschrieben, wird beim 30-15 IF Lauftest wiederholt eine Distanz von 40 Metern absolviert. Die Standardbreite eines Strafraumes im Fußball beträgt 40 Meter, was das Abmessen der Distanz enorm erleichtert und somit schnell die Endlinien A und C sowie die Mittellinie B (Elfmeterpunkt) markiert werden können. Jeweils am Ende der Strecke wechseln die Testpersonen die Laufrichtung um 180 Grad, um so permanent hin und her zu laufen. Alle 30 Sekunden steigert sich die Laufgeschwindigkeit um 0,5 km/h. Nach jeder Geschwindigkeitsstufe folgt eine Erholungs- und Pausenphase von 15 Sekunden, in der zur vorgegebenen Startlinie gegangen wird. Im Sinne dieser Testcharakteristik ergib sich auch der vollständige Name des Tests:
30-15 Intermittent Fitness Test
Abbildung 1 zeigt den Aufbau und Ablauf des Tests mit exemplarischen Geschwindigkeiten von 8,5 km/h und 11,5 km/h. Der Start mit 8,5 km/h wird bei Linie A und mit einem kurzen hellen Signalton eingeleitet. Von dort wird zur Linie B gelaufen. Es gilt die Linie beim zweiten hellen Signalton zu erreichen. Dies dient als direktes Feedback, dass mit der richtigen Geschwindigkeit gelaufen wird. Bei Linie C wird die Laufrichtung mit einer Drehung um 180 Grad umgekehrt. Auch hier ist ein heller Signalton zu hören. Am Rückweg zur Linie A wird Linie B wiederholt beim hellen Signalton erreicht. Zwischen Linie B und A ertönt ein tiefer Signalton.
Die 30 Sekunden sind vorbei und somit die beschriebene Geschwindigkeitsstufe beendet. Die Pause dauert 15 Sekunden und wird gehend bis zur Linie A absolviert. Wichtig ist, dass in der Pause immer nur zur nächsten Linie nach vorne, nie aber nach hinten gegangen wird. Nach der Pause beginnt die nächste Stufe bei 9 km/h.
Das Testprinzip beim Lauf mit 11,5 km/h ist analog zum oben beschriebenen Ablauf. Da in der gleichen Zeit schneller gelaufen wird, wird mehr Distanz zurückgelegt (91,2 Meter) und ein zusätzlicher Richtungswechsel absolviert. Das Testprotokoll ist als kostenlose App sowohl für Android als auch Apple Betriebssysteme unter dem Namen 30-15 Intermittent Fitness Test erhältlich. In der App sind die Signaltöne integriert.
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Der 30-15 IF Lauftest ist ein Maximaltest. Kann die Testperson die vorgegebene Laufgeschwindigkeit (VIFT) nicht mehr halten und erreicht dreimal hintereinander nur die Toleranzzone oder hat einmal die Toleranzzone nicht erreicht, ist der Test für diese Testperson beendet.
Als Vorteil des Tests ist dessen Einfachheit im Aufbau und der Durchführung (Ablauf) anzuführen. Für den Aufbau braucht man lediglich Hütchen zum Markieren der Anfangs-, End- und Mittelpunkte sowie den Toleranzbereichen. Zur Durchführung des Tests eignet sich wie beschrieben die kostenlose App sowie ein Radio oder Lautsprecher zur Verstärkung der Signaltöne und Kommandos während des Tests. Zur schnellen Erfassung der Ergebnisse kann die Verwendung der IFT Protokoll und Intervall Datei von Rexhep Kushutani und Florian Maierhofer empfohlen werden. Es handelt sich um eine Datei in Betaversion in der Testpersonen aufgelistet, Ergebnisse rasch und unkompliziert eingetragen und HIIT Trainings geplant werden können. Des Weiteren ist es möglich problemlos bis zu 40 Testpersonen gleichzeitig laufen zu lassen. Lies hierzu auch die Notizen zur Anwendung, die in der Datei integriert sind. Die Datei lehnt sich vollumfänglich an die Idee von Martin Buchheit an und wurde komprimiert sowie modifiziert.
Abbildung 2 zeigt eine Checkliste mit den Dingen, die eine unproblematische Durchführung des Tests gewährleisten. Je besser der Test im Vorhinein geplant umso einfacher fällt die Durchführung.
Seit dem Jahr 2000 wird der 30-15 IFT in beinahe jeder passenden Sportart regelmäßig zur sportartspezifischen Leistungsanalyse verwendet. Sehr verbreitet ist der Test vor allem in pivot Sportarten, Spielsportarten oder Sportarten mit hoher Intervallcharakteristik. Das Testverfahren zeichnet sich durch eine hohe Praxisnähe aus, da mithilfe ermittelter Ergebnisse HIIT Trainingsreize geplant werden. Hier sind vor allem Intervallläufe mit Richtungswechseln (Shuttles) zu nennen.
Die einfachsten und relevantesten Merkmale sowie Informationen für die Trainingspraxis, die aus dem 30-15 IFT gewonnen werden können sind:
Zusätzliche Merkmale wie z.B. die gesamte Laufstrecke oder sämtliche Ableitungen aus internen oder externen Belastungsaufzeichnungen obliegen der Zielsetzung der Testung und dem gekonnten Umgang mit Datenmaterial!
Die Merkmale und dazugehörigen Ergebnisse können zur langfristigen Planung und Umsetzung von HIIT Trainingsreizen verwendet werden. Sie führen zudem zu einer direkten Optimierung der Gestaltung solcher Reize innerhalb einer Trainingseinheit, weil sie wichtige Parameter wie zum Beispiel die Erholungskapazität oder die Fähigkeit von wiederholten Richtungswechselbewegungen miteinbeziehen. Bedenkt man diese Punkte bei spezifischen Intervallen nicht, führt das sehr wahrscheinlich zu unterschiedlichen aeroben und anaerob/neuromuskulären Adaptionen, was wiederrum zu einer schlechteren Planbarkeit der physiologischen und neuromuskulären Trainingsziele führt.
Die Ergebnisse aus dem 30-15 IFT liefern adäquate Empfehlungsmöglichkeiten für die tägliche Trainingsgestaltung. Die individuelle maximale Geschwindigkeit (VIFT) kann als elementarer Parameter angesehen werden. Sie ist das Ergebnis aus allen beschriebenen Merkmalen.
Die VIFT
Die maximale Geschwindigkeit (VIFT) im Test beschreibt die letzte abgeschlossene Stufe, die von Athleten/Athletinnen vollständig gelaufen werden kann. Die Testkriterien und das Ende des Maximaltest sind bereits oben beschrieben. Jede Testperson kann den Test auch selbstständig jederzeit abbrechen.
z.B.: Wird bei einer Geschwindigkeit von 18,5 dreimal hintereinander nur die Toleranzzone, oder einmal nicht die Toleranzzone erreicht, so lautet die VIFT 18,0 km/h! Diese maximale Geschwindigkeit erlaubt die individuelle geschwindigkeitsbasierte Planung von HIIT Reizen.
Die VIFT ist zumeist 2-5 km/h schneller als die vVO2max. Dies entspricht einem Prozentsatz von 15-25%. Bestätigungen dieses Aspekt sind auch in vergangenen wissenschaftlichen Arbeiten zu finden (vgl. Buchheit 2010).
Die vVO2max
Die VIFT entspricht in etwa 120 % der vVO2max. Mithilfe der maximalen Geschwindigkeit aus dem Test kann demnach die Geschwindigkeit an der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit berechnet werden, wobei die vVO2max meist tiefer ist als die maximale Geschwindigkeit aus dem 30-15 IFT.
In der Praxis zeigt der IFT 30-15 geringere VO2max-Werte als etwa die Spiroergometrie.
In Zukunft wird es notwendig sein, durch eine Vielzahl von praktischen Anwendungen eine hohe Datenmenge generieren zu können um Fragestellungen abzuklären, die die tägliche Arbeit mit den Ergebnissen des 30-15 IFT und der IFT Protokoll und Intervall Datei optimieren.
Fragestellung 1:
Bisher ist die zusätzliche Zeit pro Richtungswechsel von 180° validiert. Doch wie verhält es sich mit anderen Richtungsänderungen um z.B. 90° oder 45°, die im Fußballspiel deutlich öfter auftreten?
In der IFT Protokoll und Intervall Datei sind im Moment Richtungswechsel um 90° mit 0,4s und um 45° mit 0,5s angegeben. Sind diese Zeitangaben realistisch und lassen sich damit fundierte Trainingsreize planen?
Fragestellung 2:
Nicht nur die Validierung der zusätzlichen Zeit für Richtungswechsel um verschiedene Winkelgrade
(siehe oben) sollte hier vorangetrieben werden. Auch sollte z.B. geklärt werden welches Energiesystem bei welchen Intervallen angesprochen wird?
Fragestellung 3:
Des Weiteren sollte man sich die Frage stellen, ob positionsspezifische HIITs relevant sind.
Bei Interesse an der Verwendung der IFT Protokoll und Intervall Datei sowie an der Erhebung von Daten aus unterschiedlichsten Sportarten und Niveaustufen melde dich bitte per E-Mail an:
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Florian Maierhofer MSc
Sportwissenschafter und selbständiger Athletiktrainer
Rexhep Kushutani MSc
Performance Diagnostics & Data Analysis Vfl Bochum
Buchheit M. (2010):The 30-15 Intermittent Test. 10 year review. Myorobie Journal Volume 1
Laursen P. und Buchheit M. (2019): Science and Application of HIGH INTENSITY INTERVAL TRAINING. Solutions to the Programming Puzzle. Human Kinetics.