von Jürgen Pranger
Gepostet am 21.1.2022
Warum ist das Thema Regeneration so relevant und warum verbessert sie nicht nur unsere sportliche Leistungsfähigkeit, sondern auch unseren Alltag?
Einen Menschen durch einen Overload an Training beziehungsweise hoher Beanspruchung zu optimieren, ist vergleichsweise einfach - allerdings nur kurzfristig und zumeist auf ungesunde Art und Weise, also keinesfalls nachhaltig und nicht von Bestand. Es sollte das Ziel sein, dauerhaft Leistungen zu erbringen und nicht nach einer gewissen Zeit unter der Last zusammenzubrechen.
Jeder von uns hat in der Regel schon genug Stress zu ertragen. Vieles können wir gar nicht ändern, da solche Faktoren von anderen oder durch andere ausgelöst werden. Wir können aber unseren eigenen Umgang mit Stress und Reizen verändern.
Jeder Reiz verlangt immer nach Erholung. Jeder von uns kennt die Situation, dass man sich nach einer intensiven Trainingseinheit müde und erschöpft fühlt.
Training + Erholung = Erfolg bzw. verbesserte Leistung
Allerdings bedeutet Erholung mehr als nur Ruhe. Wissenschaftlich wird alles, was im Anschluss der Belastung dazu dient, schneller wieder auf das Ausgangsniveau oder darüber zurückzukehren, als Regeneration bezeichnet.
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Regeneration ist also die Summe aller Prozesse, die im Körper im Anschluss nach einer Belastung ablaufen. Dazu gehören aktive und passive Prozesse.
Das Ziel ist die Wiederherstellung des physiologischen Gleichgewichts - der sogenannten Homöostase - und im Anschluss an einen Trainingsreiz der Leistungszuwachs, der in der Wissenschaft als Superkompensation bezeichnet wird.
Nach einem intensiven Training benötigt der Körper auch eine angemessene Zeit, um sich zu regenerieren. Auch dieses Prinzip wird beim Fußball häufig vernachlässigt. Der Körper wird nicht beim Training „besser“, sondern erst in der Erholungs- bzw. Anpassungsphase. Der Organismus benötigt eine gewisse Zeit – dies hängt natürlich von der Stärke des Reizes ab, um zu regenerieren und eine „Superkompensation“ auszulösen. Wird zu früh mit dem nächsten intensiven Training begonnen, kann dieser Prozess unterbunden werden, was zu einer ausbleibenden Anpassung des Körpers führt. Zudem steigt die Ermüdung und die Leistungsfähigkeit des Athleten nimmt ab. (Weineck, 2010, S. 45)
Im Fußball wird meistens, vor allem in der Vorbereitungsphase, nach dem Prinzip „viel hilft viel“ gearbeitet. Die Spieler werden wochenlang sehr intensiv belastet, ohne auf eine ausreichende Regenerationszeit zu achten. Die Spieler sollen für die Saison schnell fit gemacht werden. Leider wird dadurch genau das Gegenteil erreicht. Die fehlende Erholung und die dadurch kumulierende Ermüdung führt zu einer Übermüdung und somit zu einem Leistungsabfall der Spieler. Die Folge – eine hohe Anzahl muskulärer Verletzungen und eine schlechte Performance im Spiel.
=>Kein Trainingseffekt ohne genügend Pause und Erholung!
Mehr darüber kannst du in unserem Beitrag "Trainingsprinzipien – Rückschlüsse für dein Fußballtraining" erfahren
Eine optimierte Regenerationsstrategie beschleunigt die Erholung, der Körper kann den gesetzten Trainingsreiz besser verarbeiten und der Athlet ist nicht so lange müde.
Clevere Regenerationsmaßnahmen direkt im Anschluss an die Belastung durch Training und Wettkämpfe helfen, die Gefahr eines Infekts zu minimieren. Sport ist grundsätzlich gesund, direkt nach der Belastung gibt es allerdings eine Phase - Open Window genannt -, in der der Körper besonders anfällig für Krankheitserreger ist.
Aber eben genau dieses Fenster lässt sich mit Erholungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Flüssigkeits- und Energieaufnahme, schneller schließen. So kommt gerade der Ernährung nach der Belastung eine ganz entscheidende Bedeutung in puncto Trainingsfortschritt und Leistungsverbesserungen zu.
Je qualitativ hochwertiger unser Regenerationsprozess ist, desto schneller und gesünder verläuft dieser Anpassungsprozess.
So unterschiedlich die Regenerationsmaßnahmen auch sein mögen, ihre Ziele sind alle gleich. Der Mensch soll nach erfolgter Erholung folgendes verspüren:
Folgendes Beispiel soll das Dilemma zwischen Wissenschaft und Praxis verdeutlichen: Kompressionskleidung hat nach der momentanen Studienlage keine nachweisbaren positiven Effekte. Zumindest im Blut lassen sich keine Belege dafür finden. Allerdings berichten viele der Studienteilnehmer und auch viele Athleten, dass sie sich durch das Tragen der Kompressionskleidung nach harten Belastungen am nächsten Tag besser fühlen. Diese Information, auch wenn sie nur auf ein Gefühl basiert, bewertet das Gehirn positiv.
Die Folge: Die Bewegungsmuster der Athleten, die Kompressionsstrümpfe trugen, sind besser, da sie die Ermüdung, die objektiv nachweisbar war, nicht als solche empfanden.
Das bedeutet: Es gibt viele verschiedene Maßnahmen, die die Regeneration verbessern (können). Diese Maßnahmen können von Spieler zu Spieler aber sehr individuell sein. Die Hauptsache ist, dass sich der Athlet mit der Regenerationsmaßnahme wohl fühlt.
Ohne ausreichende Erholung erzeugt ein intensiver Trainingsreiz letztendlich nur Überlastungen, Übertraining und im schlimmsten Fall eine Verletzung. Nur wenn der Athlet sich vollkommen erholt, kann er beim nächsten Training oder Wettkampf wieder seine gesamte Leistungsfähigkeit abrufen.
Nicht ohne Grund sind führende Sportwissenschaftler und Sportmediziner der Meinung, dass nicht derjenige Radprofi die Tour de France gewinnt, der am besten Rad fährt, sondern derjenige, der am besten regeneriert. Denn spätestens in der zweiten Woche des drei Wochen dauernden Rennens sind die Fahrer erschöpft und nicht mehr in der Lage, ihre absolute Topleistung zu erbringen.
Das sollte auch im Fußball berücksichtigt werden. Wenn die Spieler vorermüdet - durch eine sehr intensive Vorbereitung - in die Saison starten, dann werden sie nicht ihre absolute Topleistung abrufen können und sich im schlimmsten Fall - durch die kumulierende Ermüdung - auch noch verletzten.
Deswegen sollten die Spieler, wenn möglich, immer ausgeruht und vollkommen erholt in den Wettkampf starten.
Train hard, recover harder
Wer ohne Pause arbeitet, betreibt Raubbau an seinem Körper bis hin zum Worst Case. So kann er sich auf diese Weise selbst umbringen. Zwar gehört ein gewisses Maß an Stress zum natürlichen und gesunden Teil unseres Lebens, aber die langfristigen Folgen von ständigem Stress schädigen unsere geistige und körperliche Gesundheit. Wenn der Stress konstant ist und nicht gelindert werden kann, wird sich der Körper nicht entspannen und erholen. Das Problem, dem wir ausgesetzt sind, liegt in unserem komplexer werdenden Leben.
Deswegen ist auch für Hobbysportler, die vielleicht nur 2-3x pro Woche trainieren, eine adäquate Regeneration entscheidend. Hobbysportler betreiben nicht nur Sport, sie haben meistens noch einen Vollzeitjob, eine Familie, Freunde etc. Das alles bedeutet Stress. Wer beispielsweise Stress im Job oder im privaten Umfeld hat, wird die durch Anspannung hervorgerufenen Muskelverspannungen und Schmerzen im Nacken und Rücken kennen. Selbst diese für viele von uns als alltäglich wahrgenommenen kleinen Wehwehchen schwächen unsere Leistungsfähigkeit. Jedes Unwohlsein raubt uns Energie, da der Organismus damit beschäftigt ist, dagegen anzukämpfen.
Schlechter Schlaf birgt große gesundheitliche Gefahren, die erst in letzter Zeit so richtig erforscht wurden. Wir reden hier nicht von Müdigkeit und Erschöpfung, die jeder bei sich nach einer "schlechten Nacht" sofort bemerkt. Schlechter Schlaf lässt uns schleichend krank werden, bringt uns im schlimmsten Fall sogar um. Der Blutdruck erhöht sich dauerhaft, Fettleibigkeit wird begünstigt, das Tumorwachstum wird angeregt, die Gefahr, am Herzen zu erkranken, steigt überproportional.
Kurzum: Schlechter Schlaft verkürzt unser Leben - das muss nicht sein.
Achte auf eine ausreichende Regeneration. Nicht nur im Sport wirst du schnell Verbesserungen feststellen, sondern auch in deinem Alltag.
Überdies ist eine optimale Trainingssteuerung (Belastungs- und Regenerationsmanagement) extrem wichtig. Nur so kannst du deine Spieler optimal weiterentwickeln, ohne dass sie sich verletzten.
Mit unserer Software - TMS- kannst du deine Trainingssteuerung schnell und einfach verbessern - und das komplett kostenlos.
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Graumann, L. et al (2020). Regeneration. Jeden Tag erholt, ausgeschlafen und erfolgreich. Riva Verlag, München
Weineck (2010). Optimales Training. Leistungsphysiologische Trainingslehre. Leistungsphysiologische Trainingslehre unter besonderer Berücksichtigung des Kinder und Jugendtrainings. 16.Auflage. Spitta-Verlag, Balingen