von Jürgen Pranger
Gepostet am 8.11.2020
Eine richtige und gut durchdachte Trainingssteuerung ist das A & O, um deine Mannschaft konditionell weiterzubringen und gleichzeitig nicht zu überlasten.
Es wird oft ohne richtigen Plan, unter dem Motto „viel hilft viel“ einfach lostrainiert. Lange und intensive Trainingseinheiten sollen die Spieler in der Vorbereitung für die anstehende Saison fit machen. Während der Saison werden dann meist taktisch/technische Schwerpunkte gesetzt. Die Spieler werden dadurch falsch bzw. nicht ausreichend auf die Belastung im Match vorbereitet. Die Folge: Die Verletzungensraten explodieren und Leistungseinbrüche am Spielende. Darüber hinaus wird das Athletiktraining noch immer sehr häufig getrennt von anderen Fähigkeiten trainiert. Dieses Vorgehen ist jedoch ineffizient und nicht mehr zeitgemäß.
Aber zuerst mal ganz zum Anfang. „Trainingssteuerung“ wird als die „gezielte Abstimmung aller Maßnahmen der Trainingsplanung, des Trainingsvollzugs, der Wettkampf– und Trainingskontrollen und der Trainings- und Wettkampfauswertung zur Veränderung des sportlichen Leitungszustands im Hinblick auf das Erreichen sportlicher Leistungen und Erfolge bezeichnet.“ (Carl, 2003, S. 614)
Gut, wieder einmal eine sehr kompliziere Definition, für eine eigentlich einfache Grundaussage: Eine gezielte Trainingsplanung für das Erreichen sportlicher Leistung. „Gezielte Trainingsplanung“ ist hier die Schlüsselphrase. Ohne Plan ist es nicht bzw. sehr schwer möglich, langfristig und nachhaltig die körperliche Leistungsfähigkeit der Spieler aufzubauen.
Du könntest auch einfach wild drauf lostrainieren und hoffen, dass sich deine Spieler verbessern (ist bei vielen Vereinen auch leider meist der Fall). Doch du verschwendest viel Zeit und erzielst am Ende doch nicht die gewünschten Resultate. Gerade im Amateurbereich haben die Trainer nur eine begrenzte Anzahl an Trainings zur Verfügung, um ihre Mannschaft auf das Match am Wochenende vorzubereiten. Wäre es da nicht sinnvoller, diese begrenzte Zeit effektiv zu nutzen?
Eine planvolle Trainingssteuerung erfordert eine konkrete Trainingsplanung auf der Grundlage der Trainingsziele. Beide setzen die Analyse, sowohl des Anforderungsprofils der Sportart als auch des IST-Zustands der sportlichen Leistungsfähigkeit voraus.
–> Ohne Plan kein Erfolg!
Lies auch „Das Anforderungsprofil im Fußball„
Die Grundstruktur und der Rahmen der Trainingsplanung wird durch das gewählte Periodisierungsmodell festgelegt.
Ein noch immer häufig begangener Fehler vieler Vereine bzw. Trainer ist die (meist unbewusste) Verwendung der klassischen Periodisierungsmodelle (klassische Periodisierung, Blockperiodiesierung). Diese Periodisierungsmodelle wurden jedoch für Ausdauersportarten bzw. für die Leichtathletik entwickelt. (Weineck, 2010, S.92-94) Im Fußball sind diese Methoden in den meisten Fällen nicht zielführend. Der Grund dafür ist, dass die Vorbereitungsphasen im Fußball viel zu kurz, die Wettkampfphasen sehr lange sind und der Fußball viel zu komplex dafür ist. Ein Leichtathlet trainiert oft mehrere Monate auf einen einzigen Wettkampf hin. Außerdem kann er sich auf ein paar wenige leistungsrelevante Fähigkeiten konzentrieren. Dementsprechend muss die Trainingsplanung auch eine andere als im Fußball sein.
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Die klassische (veraltete) Trainingsplanung der meisten Vereine sieht so aus:
Meistens finden in der Vorbereitung 1 bis 2 Trainingseinheiten pro Woche mehr statt, als in der Wettkampfphase. Manche Vereine absolvieren in dieser Zeit sogar 2 Freundschaftsspiele pro Woche. Die Devise ist, die Mannschaft durch viele intensive Einheiten so schnell wie möglich fit zu bekommen.
Und zack – die Mannschaft ist für die Wettkampfphase vorbereitet. Danach wird der Umfang und die Intensität zurückgefahren, um nicht müde für das Punktspiel am Wochenende zu sein. Der Schwerpunkt konzentriert sich danach auf technisch/taktische Übungen, da die Spieler konditionell bereits „fit“ sind. Der allgemeine Grundsatz, „während der Saison kann die Fitness nur gehalten und nicht gesteigert werden“, hält Einzug.
Diese Vorgangsweise hat zur Folge, und dies ist vielen Trainern bekannt: Viele, vor allem muskuläre Verletzungen und Leistungseinbrüche im Match oder im letzten Drittel der Saison.
Grundsätzlich ist es wichtig zu verstehen, dass es sich bei Fußball um einen Mannschaftssport handelt, der mit Einzelsportarten wie Laufen, Radfahren oder Leichtathletik so gut wie nichts zu tun hat. Viele Sportwissenschaftler, die durch ihr Studium ein großes Wissen über Trainingslehre, Physiologie, Anatomie etc. angehäuft haben, versuchen ihr gelerntes Allgemeinwissen zum Thema Training über den Fußball zu stülpen und wenden die gleichen Trainingsmethoden wie bei anderen Sportarten an.
Die Folge daraus ist, dass, wie schon erwähnt, die klassische Periodisierung eingesetzt wird, dass die Ausdauer wie bei Ausdauersportlern, Schnelligkeit wie bei Sprintern und die Kraftkomponente wie bei Kraftsportlern trainiert wird. Demzufolge werden auch häufig Leichtathletiktrainer als Athletiktrainer in einem Fußballverein eingesetzt. Naja…
Doch Mannschaftssportarten müssen gesondert betrachtet werden. Sie sind zu komplex, um jede Fähigkeit isoliert zu trainieren. Die enorme Komplexität wird sehr gut in der folgenden Abbildung dargestellt.
Aufgrund dieser Vielschichtigkeit einer Mannschaftssportart, sollten die Einzelfähigkeiten nur in Ausnahmefällen gesondert betrachtet werden. Die 4 großen Leistungsfaktoren Taktik, Technik, Athletik und mentale Fähigkeiten beeinflussen sich gegenseitig und gehören untrennbar zusammen. Eine Fähigkeit heraus zu picken und zu verbessern, hat für die Gesamtleistung eines Spielers am Feld meist nur einen geringen Effekt und ist somit extrem ineffizient. Deswegen sollte auch die Athletik, in den meisten Fällen zumindest, nicht isoliert trainiert werden. Die Spieler benötigen vor allem eine fußballspezifische Athletik und diese wird durch das Fußballspielen selbst trainiert. Die richtige Planung ist dabei Voraussetzung.
„Fußball erlernt man durch Spielen“
Die gute Nachricht dabei ist, dass eine Menge an Potential vorhanden ist, (wenn man es richtig macht), um deine Mannschaft zu verbessern und dir einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Vereinen zu sichern.
Die grundlegenden Trainingsprinzipien gelten für alle Sportarten und somit auch für den Fußball. Diese Prinzipien sind die Grundlage und sollten unbedingt auch in die Trainingsplanung miteinfließen. (Wenn du die Trainingsprinzipien noch nicht genau kennst, solltest du unbedingt auch diesen Beitrag lesen-klicke hier). Das Fußballtraining und dementsprechend auch das Fußballathletiktraining muss allerdings immer im Kontext zum Fußballspiel betrachtet werden. Aufgrund der komplexen Sportart und dem fast ganzjährigen Saisonverlauf, werden Trainer vor keine leichte Aufgabe gestellt.
Die Umstände, die ein Trainer berücksichtigen muss:
All diese Umstände und noch viele mehr musst du als Trainer unbedingt berücksichtigen. Keine leichte Aufgabe. Doch zum Glück haben sich schon einige Experten auf diesem Gebiet Gedanken darüber gemacht und eigene Periodisierungsmodelle, speziell für den Fußball, entwickelt.
Diese drei Periodisierungsmodelle (Teil der Trainingsplanung/Trainingssteuerung) sollten jedem guten Trainer bekannt sein. Alle Modelle haben natürlich ihre Vor- und Nachteile. Welches besser ist, ist meiner Meinung nach Geschmackssache und ist von Trainer zu Trainer unterschiedlich. Außerdem gibt es bereits Vermischungen und Abwandlungen der Modelle.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass der Fußball als Ausgangspunkt dient und nicht einfach Trainingsmethoden aus anderen Sportarten übernommen werden. Nur weil ein Fußballspieler in einem Match durchschnittlich 10 Kilometer zurücklegt, heißt das nicht, dass er auch wie ein 10 km-Läufer trainieren sollte. Athletiktrainer sollten Ahnung von Fußball haben und nicht Spezialisten aus einer anderen Sportart sein. Der Fußball ist einfach zu komplex, um Komponenten einzeln zu trainieren, danach zusammenzufügen, und zu erwarten, dass sich die gesamte Leistung des Spielers verbessert. Der Fußballspieler muss als Ganzes betrachtet und auch als Ganzes weiterentwickelt werden. Isolierte Übungen, egal ob technische, taktische oder konditionelle, sind hierbei nur bedingt sinnvoll.
Außerdem sollten die Belastungen der Spieler ständig kontrolliert und überwacht werden, um einzelne Spieler nicht zu überfordern bzw. zu unterfordern. Nur durch ein kontinuierliches Monitoring der Spieler und durch eine durchdachte Trainingsplanung ist eine nachhaltige Entwicklung deiner Spieler möglich. Eine Trainingssteuerung erfordert somit eine fortwährende Leistungs- und auch Trainingsdiagnostik. (Steinhöfer, 2008, S.24) Auch im Amateurbereich werden diese Maßnahmen immer wichtiger und sind dank neuer Hilfsmittel für Trainer auch leicht umsetzbar. So kannst du dich als Trainer weiterentwickeln und deine Mannschaft auf lange Sicht zum Erfolg führen.
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Lies auch „Monitoring im Fußball – nur was du misst, kannst du auch managen„
Weitere nützliche Informationen für dich:
Trainingssteuerung (Spielverlagerung.de)
Im Laufe einer Saison Schwerpunkte setzen – Intelligente Trainingssteuerung www.fussballtraining.de/
Quellen:
Steinhöfer D. (2008). Athletiktraining im Sportspiel. Theorie und Praxis zu Kondition, Koordination und Trainingssteuerung. Philippka-Sportverlag, Münster
Weineck J. (2010). Optimales Training. Leistungsphysiologische Trainingslehre unter Berücksichtigung des Kinder- und Jugendtrainings. 16. Auflage. Spitta Verlag, Balingen
Weineck J., Memmert D., Uhing M. (2012). Optimales Koordinationstraining im Fußball. Sportwissenschaftliche Grundlagen und ihre praktische Umsetzung. Spitta Verlag, Balingen